Quantenphysik im Rampenlicht

Schweinegrunzen, Katzenfotos und Amazon-Shopping: Beim Q-Science-Slam des IQST haben die Slammer dem Publikum die Welt der Quanten verständlicher gemacht.

„Wer glaubt, die Quantenphysik verstanden zu haben, hat gar nichts verstanden“, begrüßt Moderator Oliver Schmaering die mehr als hundert Gäste des ersten Quantum-Science-Slam im schon Wochen vorher ausverkauften Theaterhaus. Sieben Slammer – Studierende, Doktoranden und Nachwuchswissenschaftler – aus dem Umfeld des Zentrums für Integrierte Quantenwissenschaft und -technologie der Universitäten Stuttgart und Ulm sowie des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung Stuttgart beweisen dem Publikum das Gegenteil.

Das Duo Jogi Nestel und Klaus Küting.
Das Duo Jogi Nestel und Klaus Küting.

Mit kuriosen Alltagsvergleichen, allerlei Requisiten und Physiker-Klischees präsentieren die Slammer Quantenphysik im Zehnminutentakt von ihrer unterhaltsamen und anschaulichen Seite. Temporeich begleitet vom Percussion-Duo Jogi Nestel und Klaus Küting taucht das Publikum in sieben faszinierende Themenfelder der Quantenphysik und ihre aktuellen Forschungsgebiete ein.

Sieger des Abends ist Lukas Kürten, Doktorand am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart. Der 1. Platz ist mit 1.000 Euro dotiert. Kürten deckt für die Zuschauer auf, wie irreführend und falsch die Produktbeschreibung eines sogenannte CHI-Steckers ist, den Amazon anbietet. Angeblich macht sich der Stecker die Erkenntnisse der Quantenphysik zu Nutze, um zu einer Harmonisierung eines Raumes beizutragen und soll obendrein energiesparend sein. Nach Kürtens Berechnung bräuchte der Stecker jedoch so viel Energie wie der gesamte Block 1 des Atomkraftwerks Neckarwestheim, um sein Versprechen – eine kohärente Spin-Ausrichtung – einhalten zu können.

Gewinner des Abends: Lukas Kürten.
Gewinner des Abends: Lukas Kürten.

„Ich freue mich sehr über den ersten Platz“, sagt der Preisträger, der schon mehrmals an einem Science Slam teilgenommen hat. „Mir ist es ein Anliegen, die Physik einfach und verständlich zu erklären, da sie in vielen alltäglichen Situationen auftritt. Insgesamt wird die Bedeutung der Naturwissenschaften für unsere Gesellschaft oft unterschätzt.“

Wiese statt Festplatte

Auch Sven Bodenstedt, Masterstudent an der Universität Stuttgart, kommt beim Publikum gut an, da er mit einem Hubschrauber und einer grünen Wiese erklären kann, wie die Speicherkapazität von Festplatten erhöht werden kann. Neben Bodenstedt belegt Korbinian Kottmann ebenfalls den mit 500 Euro dotierten zweiten Platz. Der Masterstudent von der Universität Ulm spricht über Verschränkung. Das gezeigte Foto zweier kuschelnder, niedlicher Kätzchen hat nicht so viel mit seinem Thema zu tun, Katzenbilder seien jedoch elementar für einen Vortrag, erklärt er. Die Quantenverschränkung vergleicht er mit einer Fernbeziehung zwischen einem Pärchen: Obwohl die beiden Teilchen Tausende Kilometer voneinander entfernt sind, besteht eine Wechselwirkung zwischen ihnen, sie agieren als eine Einheit. „Wie das funktioniert, wissen wir selber nicht.“

Photonen als Füße

Julian Maisch, Doktorand an der Universität Stuttgart, beschäftigt sich mit der Quantenoptik und gibt in seinem Vortrag „Quantenphysik sprengt unsere Vorstellungskraft“ den Tipp, sich Photonen als Füße ("Quanten") vorzustellen. Laut dem Hong-Ou-Mandel-Effekt treten Photonen immer paarweise auf, deutlich wird das, wenn sie auf einen Strahlteiler treffen. Jetzt ist auch geklärt, weshalb Physiker im Gespräch meistens auf den Boden statt in die Augen des Gesprächspartner schauen: „Sie sind nicht introvertiert, sondern Sie interessieren sich für dessen Füße.“

Pelayo Fernandez-Acebal, Doktorand der Universität Ulm, stellt sich in seinem Vortrag die Frage, ob uns Diamanten eine bessere Bildgebung bringen, die zum Beispiel für eine optimale Magnetresonanztomographie (MRT) sorgt.

Die Teilnehmer.
Die Teilnehmer.

Ein Hühnerkäfig für Elektronen

Ein Huhn und ein Atommodell lassen sich gut vergleichen: Das Huhn entspricht einer Atomhülle und das Ei im Huhn kommt dem Atomkern gleich, stellt Atomphysiker Dr. Robert Löw von der Universität Stuttgart fest. Löw fragt sich, wie es gelingt, alle Hühner beziehungsweise Elektronen der Atomhüllen, mit einem Laser zu durchdringen. Die Lösung ist ein Hühnerkäfig, der die Hühner an einer bestimmten Stelle einsperrt, sodass alle vom Laser getroffen werden können. Der entsprechende Hühnerkäfig für Elektronen ist eine Glasfaser, daraus können weder die Elektronen noch die Photonen des Lasers entweichen. „Quantenphysik ist einem aufgeregten Hühnerhaufen sehr ähnlich“, stellt Löw fest

Elektronen-Jonglage

Zauberer und Unterhaltungskünstler Tim Strobel, Masterstudent an der Universität Stuttgart, jongliert Elektronen als Bälle durch die Luft, um die Quantenphysik als „Straßenverkehrsordnung“ für die Elektronen zu veranschaulichen. Anhand eines selbstgebastelten Modells demonstriert er, dass eine LED wie eine Art Wasserfall funktioniert. Elektronen fallen von einem hohen Energie Niveau hinab auf ein niedriges Energieniveau, dabei wird Energie in Form von Licht frei.

Wer die Show im Theaterhaus verpasst oder Lust auf mehr bekommen hat, merkt sich den 28. Februar 2019 im Kalender für den zweiten Q-Science-Slam vor. Auch 2019 wird im Vorfeld wieder ein Vorbereitungsworkshop für interessierte Slammerinnen und Slammer angeboten. Wer nicht bis 2019 warten möchte: Die Aufzeichnung des ersten Q-Science-Slam 2018 wird auf dem YouTube-Kanal der Universität Stuttgart erscheinen.

IQST:
Im Zentrum für Integrierte Quantenwissenschaft und -technologie IQST haben sich die beiden Universitäten Ulm und Stuttgart zusammen mit dem Max-Planck-Institut für Festkörperforschung (MPI FKF) zusammen geschlossen, um aus grundlegender Quantenphysik neue technologische Ansätze zu entwickeln. Entdecker treffen am IQST auf Praktiker. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Physik, der Biologie und der Mathematik erforschen die Welt der Quanten in ihrer ganzen Breite und arbeiten dabei zum Teil Hand in Hand mit Ingenieurinnen und Ingenieuren zusammen oder kooperieren mit der Industrie.

IQST

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