Die Flut digitaler Daten in vielen Bereichen unseres Lebens macht es zunehmend schwierig, relevante Informationen zu extrahieren und Zusammenhänge zu analysieren. Zur Bewältigung der ständig wachsenden Datenmengen kommt der Visualisierung, also der bildhaften Darstellung von zunächst eigentlich unsichtbaren Daten, eine immer wichtigere Rolle zu. Die Universität Stuttgart hat diesen Trend früh erkannt und bereits vor zehn Jahren die Grundlagen für das heutige Institut für Visualisierung und Interaktive Systeme (VIS) geschaffen; darauf aufbauend entstand im Jahr 2007 als Zentrale Forschungseinrichtung das Visualisierungsinstitut der Universität Stuttgart (VISUS). Anlässlich des Doppeljubiläums findet am Donnerstag, 8. Juli, ein Festkolloquium statt. Gleichzeitig feiert das Visualisierungsinstitut den kürzlich erfolgten Umzug in das rundum erneuerte ehemalige Hysolar-Gebäude.
Zeit: 8.7., 14.00 Uhr
Ort: Campus Vaihingen, Informatikgebäude, Hörsaal 38.01
Im Anschluss ab ca. 16.30 Uhr Besichtigung des Hysolar-Gebäudes mit
Forschungsdemonstrationen.
Im Rahmen der Veranstaltung erläutert der Leiter von VIS und VISUS, Prof. Thomas Ertl, die Entwicklung des Forschungsgebietes, das für die private Mediensammlung ebenso bedeutsam ist wie für Datenbanken im Internet, für Computersimulationen oder für Sensormessungen in der Forschung. Den Festvortrag zum Thema „Multimodal Computing“ hält Prof. Hans-Peter Seidel vom Max-Planck-Institut für Informatik (Saarbrücken). Kurzvorträge zur Visualisierung der nächsten Generation und zur visuellen Mustererkennung sowie ein Schlusswort durch den früheren Leiter der Abteilung Dialogsysteme der Uni, Prof. Rul Gunzenhäuser, runden das Programm ab.
Mit der computergraphischen Visualisierung kam vor zehn Jahren ein neues
Forschungs- und Lehrgebiet in die Stuttgarter Informatik. Die Forschungsschwerpunkte der
Anfangszeit gelten heute als Klassiker der wissenschaftlichen Visualisierung. Im Rahmen von
BMBF-Projekten und direkten Kooperationen mit der Automobilindustrie ging es darum, die Simulation
bei der Fahrzeugentwicklung mit neuen graphisch-interaktiven Software-Werkzeugen zu unterstützen.
Auf großes Interesse in der Industrie stießen auch die Entwicklungen im Bereich
Strömungsvisualisierung für Aerodynamikberechnungen und virtuelle Crashtests. Im Bereich der
medizinischen Visualisierung von 3D-Tomographiedaten wurde die Stuttgarter Gruppe (in Kooperation
mit der Uni Erlangen) als Spezialisten für Volume Rendering international bekannt.
Während in der Ingenieurvisualisierung noch teure Graphikworkstations eingesetzt wurden und
die Ergebnisse spektakulär in Stereo auf einer PowerWall demonstriert wurden, setzten die
Stuttgarter Wissenschaftler im Bereich der Volumenvisualisierung schon ab dem Jahr 2000 auf die
aufkommenden programmierbaren PC-Graphikkarten. Die dafür entwickelten Algorithmen und
Programmiertechniken sind heute Standard in den medizinischen Workstations aller großen Hersteller
und führten zu ausgezeichneten und vielfach zitierten Publikationen.
Visual Computing verankert
Im Sommer 2006 wurde die Professur für Intelligente Systeme mit Professor Dr. Gunther
Heidemann neu besetzt und die Abteilung dem VIS-Institut angeschlossen. Durch den zukunftsweisenden
Zusammenschluss wurde die in Fachkreisen schon seit einiger Zeit mit dem Begriff Visual Computing
bezeichnete methodische Konvergenz von Computergraphik und Computer Vision auch in Stuttgart
strukturell verankert. Ein Jahr später wurde das VIS um die Abteilungen Visualisierung (Prof.
Daniel Weiskopf) und Visual Computing (Jun. Prof. Carsten Dachsbacher) erweitert und umfasst
inzwischen fast 50 Mitarbeiter.
Das Visualisierungsinstitut VISUS baut als konsequente Fortführung dieser Aktivitäten auf VIS auf und trug maßgeblich dazu bei, die Uni Stuttgart zu einem herausragenden interdisziplinären Kooperationspartner auf dem Gebiet der Visualisierung wie auch der Modellierung und Simulation zu machen. So ist VISUS mit derzeit drei Projekten am Exzellenzcluster Simulation Technology (Simtech) sowie an zwei Sonderforschungsbereichen der Universität Stuttgart beteiligt. In diesem Rahmen entstand beispielsweise ein Navigations- und Orientierungssystem für Blinde, das im In- und Ausland auf großes Interesse stieß und seit dem vergangenen Jahr auch an der Uni Stuttgart eingeführt wird.
Im Rahmen eines durch die Landesstiftung geförderten Verbundvorhabens BW-FIT erforscht VISUS zusammen mit weiteren Baden-Württembergischen Universitäten neue Visualisierungsverfahren für Gigapixel-Displays. Eine solche hochauflösende Stereorückprojektion mit fast 100 Millionen Pixel soll im Lauf des Sommers im VISUS-Neubau installiert und zur offiziellen Gebäudeübergabe im Spätjahr 2010 der Öffentlichkeit vorgeführt werden.
Weitere Informationen bei Prof. Thomas Ertl, Tel. 0711/7816 331, e-mail: Thomas.Ertl@vis.uni-stuttgart.de