Der Nachhaltigkeitsbeirat Baden-Württemberg (NBBW) kommt in seiner Begutachtung des Umweltplans
2007
–2012 zu einem insgesamt erfreulichen Fazit. Positive Tendenzen wurden unter anderem bei der
Luftqualität, der Abfallverwertung und beim Gewässerschutz festgestellt. Schlechter sieht es
hingegen bei der Artenvielfalt, dem Klimaschutz und dem Dauerproblem des zu hohen Flächenverbrauchs
aus. Die Anstrengungen der Landesregierung zeigen demnach Erfolge. Der „Statusbericht 2011 zum
Umweltplan Baden-Württemberg“ wurde heute (26. Juli 2011) veröffentlicht und dem neuen Minister für
Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg Franz Untersteller übergeben. Vorsitzender
des Beirates ist Prof. Dr. Ortwin Renn,
Lehrstuhlinhaber am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart.
Der NBBW hat die Aufgabe, die im Umweltplan formulierten Ziele in regelmäßigen Abständen zu
überprüfen. 2005 fand eine erste Begutachtung statt. Im vergangenen Jahr begann der Beirat mit der
Überprüfung der Fortschreibung des Umweltplans. Der Umweltplan 2007–2012 beschreibt die für diesen
Zeitraum angestrebten umweltpolitischen Ziele der Landesregierung und stellt damit eine wichtige
Säule der Nachhaltigkeitsstrategie Baden-Württemberg dar. Insgesamt untersuchten die Mitglieder des
Beirats 16 verschiedene Handlungsfelder.
Positive Bewertungen erhielten die Bereiche Luftreinhaltung sowie Abfallbeseitigung und
-verwertung. Das Land Baden-Württemberg unternimmt zur Luftreinhaltung große Anstrengungen, die
Schadstoffquellen zu erfassen, die Luftqualität zu messen und damit die Grundlage für eine
Verbesserung zu schaffen. Nach wie vor ist jedoch die Luftbelastung durch Stickstoffdioxid und
Feinstäube in straßennah gelegenen Bereichen mit hohem Verkehrsaufkommen zu hoch. Hier hat die
Landespolitik schwere Aufgaben zu bewältigen. Im Abfallbereich machen sich die hohen
Recyclingquoten positiv bemerkbar. Die Entwicklungen der vergangenen Jahre zeigen, dass insgesamt
das Ziel, die entstandenen Siedlungsabfälle ökonomisch und ökologisch effizient zu nutzen,
weitgehend erreicht wurde.
Weniger gut schneidet in der Bewertung der Schutz der Artenvielfalt ab. Für einen effektiven
Schutz werden verlässliche Daten zu Vorkommen und Verbreitung von Arten in Baden-Württemberg
benötigt. Die Datenlage wird von den Forschern jedoch als unzureichend eingestuft. Über den Zustand
der für den Artenschutz bedeutenden Grünlandflächen ist ebenso wenig bekannt. Außerdem liegen noch
keine verbindlichen Aussagen zum Schutz der biologischen Vielfalt außerhalb der gesetzlich
geschützten Flächen vor. Deshalb sollten die erforderlichen Grundlagendaten zu Natur und Landschaft
möglichst schnell erarbeitet werden. Des Weiteren wird empfohlen, Maßnahmen zur Verhinderung des
Grünlandumbruchs effizienter zu gestalten sowie Gesetze und Programme im Hinblick auf ihre
Auswirkungen auf die biologische Vielfalt zu überprüfen (z. B. EEG).
Der Beirat erkennt die Anstrengungen der Landesregierung zum Klimaschutz und zum Ausbau der
erneuerbaren Energien an, hält diese jedoch nicht für ausreichend. Gerade in der jetzt forcierten
Energiewende mit den Schwerpunkten Effizienzverbesserung und Ausbau erneuerbarer Energien sind
zusätzliche Maßnahmen notwendig, um die ambitionierten Ziele für 2020 und 2050 zu erreichen. „Von
selbst kommt die Energiewende nicht“, resümierte der Vorsitzende des Beirates und Lehrstuhlinhaber
am Institut für Sozialwissenschaften der Universität Stuttgart Prof. Dr. Ortwin Renn bei der
Übergabe des Gutachtens: „Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sind hier aufgerufen, in
gemeinsamen Aktionen die notwendigen Veränderungen zu ermöglichen und an der Umsetzung aktiv
mitzuwirken.“
Beim Flächenverbrauch sieht der Beirat ebenfalls Handlungsbedarf. Trotz abnehmender bzw.
konstanter Tendenz in den vergangenen Jahren kommt es im Land noch immer zu einer
besorgniserregenden Neuversiegelung natürlicher Böden und damit zu Beeinträchtigungen der
ökologischen Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts. Deshalb empfiehlt der Beirat der
Landesregierung unter anderem, das Problembewusstsein für den Flächenverbrauch noch weiter zu
stärken. Durch Informationskampagnen sollten die Kommunen für die wirtschaftlichen und
städtebaulichen Risiken des Bauens „auf der grünen Wiese“ stärker sensibilisiert werden. Zur
Förderung des kommunalen Bestandsmanagements sollten Baulandpotenziale im Innenbereich systematisch
erfasst werden. Ein Modellprojekt zur Einführung handelbarer Flächenzertifikate könnte die Wirkung
von ökonomischen Anreizen aufzeigen. Mit einem landesweiten Modellprojekt könnten Land und Kommunen
auf freiwilliger Basis Erfahrungen in der Administration eines solchen Instruments sammeln.
Bereits 2005 hatte der Beirat der Landesregierung empfohlen, den Umweltplan zu einem
Nachhaltigkeitsplan weiterzuentwickeln. Diese Empfehlung hat die Landesregierung nicht
aufgegriffen. Stattdessen wurde der alte Umweltplan fortgeschrieben und parallel dazu mit der
Nachhaltigkeitsstrategie ein neues Instrument ins Leben gerufen. Für die Zukunft wird es sicher
sinnvoll sein, diese verschiedenen Instrumente und Vorhaben stärker unter dem Oberbegriff der
Nachhaltigkeit zu bündeln, um einer Fragmentierung der Politik im Zielgebiet Nachhaltigkeit
entgegenzuwirken.
Insofern wiederholt der Beirat seine Empfehlung, den nunmehr folgenden Umweltplan ab 2012 zu
einem Nachhaltigkeitsplan Baden-Württemberg zu erweitern. In diesen Prozess sollten, wie schon bei
der Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie, möglichst alle relevanten Akteure aus Politik,
Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft einbezogen werden, damit die Multidimensionalität
des neuen Plans adäquat abgebildet werden kann. Damit könnte ein innovatives Instrument geschaffen
werden, das die wichtigen Indikatoren für die Zukunftsfähigkeit des Landes umfasst und damit Ziele
und Wege aufweist, um die künftige Entwicklung ökologisch angepasst, ökonomisch effizient und
sozial verträglich zu gestalten.
Der Statusbericht kann bei der Geschäftsstelle des Nachhaltigkeitsbeirats Baden-Württemberg
angefordert oder auf der Homepage des NBBW abgerufen werden.
Kontakt: Dr. Michael
Ruddat
Geschäftsstelle des Nachhaltigkeitsbeirats Baden-Württemberg
Tel. 0711 685-83261
Fax 0711 685-82175
E-Mail: info@nachhaltigkeitsbeirat-bw.de
Internet: http://www.nachhaltigkeitsbeirat-bw.de
Der
Nachhaltigkeitsbeirat Baden-Württemberg (NBBW) ist ein unabhängiges, wissenschaftliches
Beratungsgremium der Landesregierung und besteht aus elf Mitgliedern. Er wurde am 22. April 2002
von der Landesregierung Baden-Württemberg ins Leben gerufen und am 04. Oktober 2005 für weitere
drei Jahre berufen. Am 03. Februar 2009 wurde eine weitere Verlängerung um drei Jahre vom Kabinett
gebilligt. Der Nachhaltigkeitsbeirat hat die Aufgabe, das Land auf dem Weg in eine nachhaltige und
dauerhaft umweltgerechte Entwicklung zu beraten und die Umsetzung und Fortschreibung des im
Dezember 2000 vom Ministerrat beschlossenen „Umweltplan Baden-Württemberg“ kritisch zu begleiten.
Dazu überprüft er in regelmäßigen Abständen die Erreichung der dort formulierten Ziele und gibt
Empfehlungen zu Schwerpunkten bei der Umsetzung ab. Weitere Informationen sowie sämtliche bisher
erschienene Gutachten sind auf der Homepage des NBBW abrufbar:
www.nachhaltigkeitsbeirat-bw.de.
Die Mitglieder des Nachhaltigkeitsbeirats (Periode 2009-2012) sind:
· Prof. Dr.
Stephan Dabbert, Institut für Landwirtschaftliche Betriebslehre, Universität Hohenheim
· Prof. Dr.
Thomas Dyllick, Institut für Wirtschaft und Ökologie, Universität St. Gallen
· Dr.
Peter Fritz, Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
· Dr.
Ulrich Höpfner, IFEU - Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg
· Prof. Dr.
Giselher Kaule, Institut für Landschaftsplanung und Ökologie, Universität Stuttgart
· Prof. Dr.
Lenelis Kruse-Graumann, Psychologisches Institut, Universität Heidelberg (stellv.
Vorsitzende)
· Prof. Dr. Dr.
Hans Müller-Steinhagen, Technische Universität Dresden (bis Juli 2010)
· Prof. Dr.
Christine Neumann, Abteilung Dermatologie und Venerologie, Universität Göttingen
· Prof. Dr. Dr.
Franz Josef Radermacher, Forschungsinstitut für anwendungsorientierte Wissensverarbeitung/n
(FAW/n), Ulm
(FAW/n), Ulm
· Prof. Dr. Dr. h. c.
Ortwin Renn, Institut für Sozialwissenschaften, Abteilung für Technik- und Umweltsoziologie,
Universität Stuttgart (Vorsitzender)
Universität Stuttgart (Vorsitzender)
· Prof. Dr.
Stefan Siedentop, Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung,Universität
Stuttgart
· Prof. Dr.
Lutz Wicke, Institut für Umweltmanagement (IfUM), Europäische Wirtschaftshochschule
Berlin