Superdünne Siliziumchips

8. Juli 2010, Nr. 70

Verleihung des Landesforschungspreises an Prof. Joachim Burghartz

Wissenschaftsminister Prof. Peter Frankenberg verlieh heute im Rahmen eines Festakts im Neuen Schloss in Stuttgart den mit insgesamt 200.000 Euro dotierten Landesforschungspreis Baden-Württemberg. Den Preis im Bereich Angewandte Forschung erhielt der Direktor des Instituts für Mikroelektronik in Stuttgart und Leiter des Instituts für Nano- und Mikroelektronische Systeme der Universität Stuttgart, Prof. Joachim Burghartz für die Entwicklung einer neuartige Methode zur Herstellung extrem dünner Siliziumchips. Der Preis im Bereich Grundlagenforschung ging an Professor Dr. Jörn Leonhard (Freiburg).

Burghartz und seinem Team ist es gelungen, Chips zu produzieren, die bis zu 50-mal dünner sind als ihre herkömmlichen Verwandten. Anstatt bereits fertige Chips erst im Nachhinein dünn zu schleifen, wie es üblichweise gemacht wird, legt Burghartz die gewünschte Dicke des Chips bereits vor dessen Entstehung fest. Mit dem neuen Verfahren rücken Anwendungen in den Bereich des Möglichen, die heute noch nach Zukunftsmusik klingen. So können die dünnen Chips etwa in Pflaster integriert werden, um die Körpertemperatur eines Menschen zu messen, oder als Sicherheitsetiketten in Dokumente und Geldnoten eingesetzt werden. Auch überall dort, wo bereits heute Speichermedien integriert sind – beispielsweise auf der Kreditkarte oder im Reisepass – ist der neuartige Chip durch seine Flexibilität eine bruchsichere und nahezu unsichtbare Alternative.

Möglich werden die hauchzarten Chips dank einer neuen Herstellungsmethode, der patentierten Chipfilm™-Technologie: Bei bisherigen Fertigungsverfahren wurden dünne Chips durch Materialabtragung aus einem herkömmlichen dicken Chip gewonnen. Nicht so am Institut für Mikroelektronik Stuttgart: Hier werden in einen so genannten Wafer – das ist eine etwa ein Millimeter dicke Scheibe, welche etliche Chips beeinhaltet, die gemeinsam bearbeitet werden – flache, unsichtbare Hohlräume unterhalb der Waferoberfläche eingebracht. Dann tragen die Forscher eine dünne Siliziumschicht auf den Wafer auf. In derartige Wafer wird dann die Elektronik mit einem herkömmlichen Verfahren integriert. Am Ende des Fertigungsprozesses bleibt der Chip lediglich über ankerähnliche Strukturen mit dem Wafer verbunden, sodass er sich mechanisch ablösen lässt. „Die patentierte Chipfilm™-Technologie ermöglicht es uns, die Dicke des Chips im Vorhinein festzulegen“, so Burghartz. „Weil beim neuen Herstellungsverfahren kein teures Material abgelöst und damit „ verschwendet“ wird, sparen die Erkenntnisse von Burghartz sogar noch Kosten in der Chipproduktion.

Die neue Technologie soll in die Anwendung kommen
Die Chipfilm™-Technologie wird in mehreren Verbundforschungsprojekten des im Januar 2010 gestarteten und durch das BMBF in Baden-Württemberg geförderten Spitzenclusters MicroTEC Südwest zur Anwendung kommen. Von besonderem Interesse ist dabei das Einlaminieren in Folien und das Eingießen in Leiterplatten, wo die Flexibilität der sehr dünnen Chips zwingend notwendig ist.
Die flexible Elektronik ist derzeit ein hochaktuelles Forschungsthema, das mit Hilfe neuartigen organischen und inherent flexiblen Halbleitern angegangen wird. Die elektronischen Eigenschaften der organischen Halbleiter sind aber deutlich schlechter als die des Siliziums. Joachim Burghartz und sein Team suchen deshalb nach Möglichkeiten, eine hybride Lösung aus organischer Elektronik und flexiblen Siliziumchips auf einem flexiblen Substrat zu realisieren.

Mit dem Preisgeld zu weiterer Innovation
Das auf den Bereich Angewandte Forschung entfallende Preisgeld in Höhe von 100.000 Euro will Burghartz in die Erschließung dieser neuen Anwendung stecken. Dazu soll untersucht werden, wie leistungsfähig organische Elektronik ist, wenn man die Abmessungen der Transistoren ähnlich klein macht wie auf dem Siliziumchip. In einem aus internen Mitteln finanzierten Forschungsprojekt in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut in Stuttgart wurden bereits organische Transistoren gefertigt, die mehr als 20-mal kleiner sind als die bisherigen Bauelemente. Mit Hilfe des Preisgeldes soll diese Entwicklung weiter getrieben werden. Auch soll eine derartige leistungsfähige organische Elektronik mit flexiblen Siliziumchips zu einem noch besseren hybriden System kombiniert werden.

Weitere Informationen bei Prof. Joachim Burghartz, Instituts für Nano- und Mikroelektronische Systeme, Tel. 0711/21855-200, e-mail: joachim.burghartz@ines.uni-stuttgart.de

Weitere Informationen zum Landesforschungspreis finden Sie unter http://www.mwk.baden-wuerttemberg.de

Zum Seitenanfang