Wissenschaftler des Stiftungslehrstuhls Windenergie (SWE) der Universität Stuttgart haben gemeinsam mit Kollegen vom National Renewable Energy Laboratory (NREL) in Boulder/USA weltweit erstmalig eine Windenergieanlage mit Hilfe eines auf der Gondel angebrachten Lidar-Systems geregelt. Dies macht es möglich, die Rotorgeschwindigkeit und andere Regelungsparameter der Betriebsführung auf den Wind einzustellen, bevor das Windfeld die Anlage erreicht. Dadurch können windinduzierte Lasten reduziert, Windkraftanlagen materialsparender gebaut und die Energieausbeute erhöht werden. Die mit der völlig neuen Methode gewonnenen Messergebnisse werden in dieser Woche auf der international bedeutenden Windenergiekonferenz AWEA Windpower 2012 in Atlanta/USA vorgestellt.
Die Lidar-Technologie (Light detection and ranging) ist ein laser-optisches
Fernerkundungsverfahren, das Windgeschwindigkeiten auf die Distanz ermittelt. Während
konventionelle Lidar-Messungen vom Boden aus durchgeführt wurden, ermöglicht eine Entwicklung des
Stiftungslehrstuhls Windenergie der Universität Stuttgart seit dem Jahr 2009 auch komplexere
Messungen von der Gondel aus.
Bisher wurden die ermittelten Daten für die gondelbasierte Leistungskurvenbestimmung und für
die Validierung und Beurteilung von Simulationsergebnissen eingesetzt. Die eigentliche Steuerung
der Rotorblätter dagegen erfolgte als Reaktion auf das Verhalten der Anlage und nicht als Reaktion
auf den Windstoß selbst.
Um Messdaten zu erhalten, die eine frühzeitige Vorhersage des einströmenden Windfeldes
erlauben, wurde ein kommerzielles Lidar-System mit einer von den Stuttgarter Windforschern eigens
entwickelten Scanner-Einheit kombiniert. Der Scanner kann den Laserstrahl in verschiedene
Richtungen lenken um somit das gesamte Windfeld vor einer Windkraftanlage in beliebigen Punkten
abtasten und dessen dreidimensionale Wirkung rekonstruieren. Das System wurde auf der Gondel der
zwei-blättrigen Windkraftanlage „CART2“ (Controls Advanced Research Turbine) installiert, die auf
dem Forschungsgelände des National Wind Technology Centers (NWTC) in Boulder steht.
Durch das frühzeitige Drehen der Rotorblätter in bzw. aus dem Wind wird die Rotordrehzahl
auch bei auftretenden Böen nahezu konstant gehalten, was über die 20-jährige Betriebszeit hinweg
sowohl die Ermüdungs- als auch die Extremlasten deutlich senkt. Windkraftanlagen können dann
leichter dimensioniert und gebaut werden, was sowohl Material und Kosten spart. Zudem kann eine
höhere Energieausbeute erzielt werden.
Kontakt:
David Schlipf, Institut für Flugzeugbau/ Stiftungslehrstuhl Windenergie,
Tel. 0049.711/685-68254, e-mail:
schlipf [at] ifb.uni-stuttgart.de
http://www.uni-stuttgart.de/windenergie/Lidar.html