Landtagserbauer und Gedächtniskünstler

2. April 2012, Nr. 17

Architekt Prof. em. Horst Linde feiert 100. Geburtstag

Mit seinem Namen verbinden sich so prominente Bauten wie der Stuttgarter Landtag oder die Landesbibliothek in Stuttgart, das Markgrafenbad in Badenweiler, heute„Linde-Bad“, ist gar nach ihm benannt: Prof. em. Horst Linde, einst Leiter des Instituts für Hochschulbau der Universität Stuttgart, aus dem das heutige Institut für öffentliche Bauten und Entwerfen hervorgegangen ist. Am 6. April 2012 feiert der bekannte Architekt und Baumeister des Landes Baden-Württemberg seinen 100. Geburtstag.

Der gebürtige Heidelberger studierte an der Technischen Hochschule Karlsruhe als Schüler von Otto Ernst Schweizer und wurde nach Tätigkeiten in Lahr und Freiburg 1957 zum Chef der Staatlichen Bauverwaltung Baden-Württemberg ernannt. 1961 übernahm er zusätzlich die Leitung des Instituts für Hochschulbau der Universität Stuttgart, wenig später auch die des Zentralarchivs für Hochschulbau. In der Zeit des rasanten Ausbaus der Universitäten war Linde Sprecher des Sonderforschungsbereichs „ Hochschulbau“.

Knapp vierzig Werke tragen seine Autoren- beziehungsweise Mitautorenschaft, von kleineren Bauaufgaben wie etwa der Rathauserweiterung in Bad Dürrheim bis zu städtebaulichen Herausforderungen wie der Universitätsplanung im iranischen Guilan. Weithin bekannt sind  das Haus des Landtags von Baden-Württemberg (1957–1961) sowie die Landesbibliothek in Stuttgart (1964–1 970). Eines der interessantesten Projekte ist der Wiederaufbau der Stadtkirche in Karlsruhe, eine Arbeit, die man heute auch als Vorwegnahme der Diskussion über die Begriffe „Weiterbauen“ oder „ Kontinuität“ sehen könnte. Linde setzte sich in dem 1953 ausgelobten Wettbewerb gegen die Konkurrenz von Egon Eiermann und Paul Schmitthenner durch.

Lindes Erfolg, eine Vielzahl von Häusern zu bauen, auf höchstem Niveau zu forschen, zu lehren und zudem eine große Verwaltung zu führen, gründet nicht nur auf fachlichen Kompetenzen, sondern auch auf seiner beneidenswerten Begabung, Menschen zu motivieren und zu führen. Von seinem phänomenalen Gedächtnis haben viele profitiert. Seine Gesprächspartner konnte er noch nach Jahren sofort mit Namen ansprechen, eine Form der Wertschätzung, die bei Personen, die mit tausenden von Menschen zu tun hatten, zur echten Ausnahme gehört.

Den Mitarbeitern und Studierenden, die mit ihm arbeiten durften, ließ Horst Linde ein hohes Maß an Freiheit zukommen - was ihn jedoch nicht davon abhielt, eine klare Position zu architektonisch-formalen Fragen zu beziehen. Daran hat sich bis heute, zu seinem hundertsten Geburtstag, nichts geändert. Seine geistige Vitalität und seine Neugier auf die Architektur sind ungebrochen. „Eine handschriftlich gefasste Meinung oder einen Rat von ihm zu erhalten, ist ein wundervolles Geschenk“, so der Dekan der Fakultät Architektur und Stadtplanung der Universität Stuttgart, Prof. Arno Lederer. „Zudem kenne ich niemanden, der wie er mit einer so schönen Handschrift Glückwünsche übermitteln kann – ihm, dem nun umgekehrt die Gratulation der Universität und der Architektenschaft zukommen soll.“

 
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