Energieeffizienz mit Wohlfühlfaktor

Neu an der Uni: Prof. Konstantinos Stergiaropoulos

Mit möglichst geringem Energieeinsatz ein behagliches Raumklima schaffen – Energieeffizienz bei Gebäuden klingt ganz einfach. Dahinter jedoch verbirgt sich ein komplexes Wechselspiel von Gebäude, Außenklima, Technik und Nutzern. Prof. Konstantinos Stergiaropoulos, seit 2016 Leiter des Instituts für Gebäudeenergetik (IGE), geht ihm auf den Grund.

Früher trugen Wissenschaftler, die sich mit Lüftung oder Heizung beschäftigten, den Titel „Gesundheitsingenieur“. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, für ein förderliches und hygienisch einwandfreies Raumklima in öffentlichen Gebäuden zu sorgen, zum Beispiel am Arbeitsplatz oder im Krankenhaus. Heute sind die Tätigkeitsfelder breiter, doch eine Spur des einstigen Berufsbildes scheint in Konstantinos Stergiaropoulos weiterzuleben. „Wir setzen am Menschen und seinen Nutzerbedürfnissen an und forschen dann entgegen dem Energiefluss“, erklärt der gebürtige Sindelfinger mit griechischen Wurzeln. Er hat an der Universität Stuttgart Maschinenbau studiert und über den Energieaufwand maschineller Wohnungslüftung in Kombination mit Heizungssystemen promoviert, später beschäftigte er sich bei Bosch Thermotechnik zehn Jahre lang in wechselnden Funktionen mit Heizen und Lüften, Wärmepumpen und Kältekreisen. „Da habe ich gelernt, Dinge grundsätzlich kritisch zu hinterfragen“, sagt der Wissenschaftler heute.

Behaglichkeit hängt von vielen Parametern ab

Ob der Mensch ein Raumklima als behaglich empfindet, ergibt sich aus einer Vielzahl von Parametern. Temperatur, Feuchte und die Luftqualität gehören ebenso dazu wie die Beleuchtung oder persönliche Stimmungen. Zudem gibt es zwischen den Einflussgrößen eine Vielzahl an Wechselwirkungen: Ein Heizkörper unter dem Fenster zum Beispiel wird subjektiv wärmer empfunden als das Pendant an einer Innenwand, weil er dem Kaltluftabfall am Fenster entgegenwirkt. Gebäude mit einer Dämmung nach dem Stand der Technik reagieren anders auf Außentemperaturänderungen als Altbauten. Und auch die Nutzer selbst beeinflussen das Raumklima: „Je nach Aktivität gibt ein Mensch eine unterschiedliche Wärmeleistung ab, dies sind bei geringer Aktivität circa 80 bis 100 Watt“, erklärt Stergiaropoulos.

Neben diesen Faktoren sind noch einige weitere zu berücksichtigen, um die Auslegung eines Heizungssystems oder einer Klimaanlage durchzuführen, den Energieverbrauch zu bewerten und die Anforderungen an die Technik zu formulieren. Auch die Verteilnetze, also all die Luft- und Wasserrohre, Speicher, Klappen, Regler und Ventile, die als Bindeglied zwischen Wärmeerzeugung und der Abgabe im Raum fungieren, spielen bei der Betrachtung eine wichtige Rolle. Und last but not least untersucht das IGE die Thermodynamik der Prozesse, also die Energieumwandlung in Heizkesseln, Wärmepumpen und anderen Anlagen.

Simulation von Raumluftströmungen.
Simulation von Raumluftströmungen.

Ganzheitliche Lösungen gefragt

Auf der Suche nach ganzheitlichen Lösungen für ein Idealsystem, das Mensch und Technik, Energieeffizienz und Wohlfühlfaktor vereint, spielen Simulationsmethoden eine wichtige Rolle. So führt das IGE unter anderem Strömungssimulationen sowie gekoppelte Gebäude-/Anlagensimulationen durch und entwickelt dafür auch eigene Simulations-Modelle.

Als eine der künftigen Herausforderungen für sein Forschungsgebiet sieht Stergiaropoulos den Umgang mit den deutlich verschärften Vorgaben zum Wärmeschutz von Gebäuden. „In punkto Energieverbrauch hat sich die Situation durch moderne Dämmtechniken deutlich verbessert“, erklärt der Wissenschaftler. Statt der Heizung rücke inzwischen die Kühlung ins Zentrum der Problemwahrnehmung.

Adaptive Gebäudehüllen weisen den Weg

Das IGE beschäftigt sich vor diesem Hintergrund auch mit der Frage, wie man zu energetisch ‚besseren‘ Gebäuden kommt. Ein Weg dahin können adaptive Gebäudehüllen weisen, deren Wärmeleit- und Speicherfähigkeit sich an die Temperaturdifferenz zwischen Innenraum und Außenumgebung anpasst. Dies könnte beispielsweise durch Fassadenwerkstoffe mit veränderlicher Dichte realisiert werden. Ein Thema mit Konfliktpotential: „Gerade die innovativen Leichtbaumaterialien minimieren die Gebäudeschwere, so dass das Außenklima unmittelbar in den Raum einwirkt.“ Daher müssen schon bei der entwurflichen Gestaltung von Gebäuden Fragen der Gebäudeenergetik berücksichtigt werden. Und auch die Digitalisierung – Stichwort intelligente Gebäude – werde das Forschungsfeld verändern: „Als Institut werden wir zukünftig mehr mit Forschern aus dem Bereich der Informatik kooperieren“.

Konstantinos Stergiaropoulos

Prof. Dr.-Ing.

Leiter des Instituts für Gebäudeenergetik

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