Die Menge an recycelten Kunststoffen und deren anschließende Wiederverwertung nimmt in den letzten Jahren deutlich zu. Allerdings gibt es bei der Weiterverarbeitung der so entstandenen Kunststoffrezyklate verschiedene Herausforderungen. Viele Eigenschaften, wie ihre Dehnfähigkeit im schmelzeflüssigen Zustand oder die mechanischen Eigenschaften sind nach dem Recycling weitgehend unbekannt. Um eine ausreichende und gleichbleibende Qualität der Produkte, die aus den Kunststoffrezyklaten hergestellt werden sollen, zu gewährleisten, sind genau diese Eigenschaften besonders wichtig.
Verwendung für Behälter wie Jogurtbecher oder Wasserkanister
„Es geht zum Beispiel um Behälter wie Joghurtbecher, Shampooflaschen, Wasserkanister oder Tanks“, erklärt Tobias Schaible, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Verarbeitungstechnik am IKT. Bisher verwendete Verfahren zur Wareneingangskontrolle von Kunststoffrezyklaten geben nur eine Tendenz der Werkstoffeigenschaften im schmelzeflüssigen Zustand wieder, eine weitergehende Prüfung und Bestimmung der Dehneigenschaften waren nicht möglich. Die Arbeitsgruppe hat nun ein Verfahren erforscht, mit dem insbesondere die Dehnfähigkeit der Schmelze gemessen werden kann. Mit Hilfe von Fördermitteln aus dem uni-internen Wissens- und Technologietransfer-Fond konnte sie einen entsprechenden Demonstrator entwickeln.
Förderung
Die Arbeitsgruppe hatte 2019 einen Antrag auf Förderung aus dem uni-internen Fond für Wissens- und Technologietransfer gestellt und erhielt rund 48.000 Euro für die Entwicklung des Demonstrators.
Weitere Informationen zu der uni-internen Förderung
Patentanmeldung
Das Verfahren wurde zunächst von der Abteilung Wissens- und Technologietransfer des Dezernats 1 evaluiert, inzwischen wurde mit Unterstützung der Abteilung ein Patent dafür angemeldet.
Keine bösen Überraschungen bei der Verarbeitung von Rezyklaten
Bei dem Verfahren wird das Rezyklat aufgeschmolzen, in Form eines Schmelzeschlauchs gepresst und aufgeblasen. Die auftretenden Dehneigenschaften der Schmelzeblase werden dann mittels Bildverarbeitung analysiert und mit denjenigen von neuem Kunststoffgranulat verglichen. „So können wir die Dehnfähigkeit der Schmelze anhand einer geringen Menge Rezyklats ermitteln und bewerten“, erläutert Tobias Schaible. Mit steigender Rezyklierzahl sinkt die Viskosität und damit auch der Widerstand gegen die wirkende Kraft. Der Demonstrator erfasst die Abhängigkeiten von den Prozessparametern Temperatur und Druck.
Nach der Prüfung mit dem neuen Verfahren kann entschieden werden, für welche Weiterverwertung das Rezyklat geeignet ist. So werden böse Überraschungen bei der Verarbeitung vermieden, wie zum Beispiel die Bildung von Rissen im späteren Produkt aufgrund einer unzureichenden Dehnfähigkeit des Rezyklats. „Das macht unser Verfahren interessant für Hersteller von Rezyklaten und für die weiterverarbeitende Industrie“, erklärt Schaible.
Für die Entwicklung des Verfahrens hat er mit fünf Firmen bzw. Einrichtungen zusammengearbeitet. Sie stellten beispielsweise Rezyklate und Geräte zur Verfügung und bekundeten darüber hinaus ihr Interesse an dem Verfahren in einem Letter of Intent. Der Maschinenbauingenieur Schaible möchte das Verfahren weiterentwickeln und ein Modell erstellen, mit dem die Dehnung und die Dehngeschwindigkeit beschrieben werden kann. „Durch die Anschubfinanzierung aus dem WTT-Fond konnten wir zeigen, dass das Verfahren funktioniert, nun hoffen wir Projektpartner zu finden.“ Mit diesen soll auf Grundlage des Demonstrators ein Gerät entwickelt werden, um den Einsatz des Verfahrens im industriellen Umfeld zu ermöglichen.
Vermarktung des Patents
Tobias Schaible wirbt für das neue Verfahren auf Fachmessen und in Fachzeitschriften. Bei der Vermarktung des Patents und der Suche nach Projektpartnern erhält die Arbeitsgruppe darüber hinaus Unterstützung durch das Technologie-Lizenz-Büro.