Wie kann die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Computer verbessert werden? Können Computer menschenähnlicher inter- und auf ihre Nutzer reagieren? Kann sich ein Computer proaktiv auf seinen Benutzer einstellen, kann er sich der Persönlichkeit oder Individualität, dem Lernverhalten oder der Aufmerksamkeit seiner Benutzer anpassen, gar zum Assistenten werden? Kann er beispielsweise Lerninhalte an die Aufmerksamkeit des Nutzers anpassen und dem Nutzer helfen, seine Aufmerksamkeit auf bestimmte Dinge zu lenken?
Neue Benutzerschnittstellen für bessere Interaktionen
Für den Wissenschaftler Andreas Bulling sind dies einige der spannenden Fragen, die die Arbeits- und Wissenswelt in Zukunft nachhaltig verändern werden. Sein Interesse richtet sich dementsprechend auf die Erforschung neuer Benutzerschnittstellen, die der zwischenmenschlichen Interaktion nachempfunden sind: Die Aufmerksamkeit und Intentionen der Nutzer werden analysiert, um sich proaktiv an zukünftigen Nutzerinteraktionen anzupassen. Bulling: „So können wir die Natürlichkeit, Intuitivität, Effizienz und letztlich Benutzerfreundlichkeit der Interaktionen signifikant verbessern.“
Seinen Ansatz erklärt er so: „Wir Menschen besitzen die beeindruckende Fähigkeit, Annahmen über Bewusstseinsvorgänge in anderen Personen zu treffen, wie beispielsweise Gefühle, Bedürfnisse, Ideen, Absichten oder Erwartungen.“ Unser Verhalten ist also auf andere Personen abgestimmt. Eltern verhalten sich kindgerecht, Lehrer schülergerecht usw. Diese Fähigkeit, die sogenannte "Theory of Mind", ist essenziell für jegliche Form menschlicher, sozialer Interaktion.
Proaktive Anpassung an den Benutzer
Trotz ihrer Bedeutung für die moderne Informationsgesellschaft und Jahrzehnten der Forschung im Bereich der Mensch-Computer Interaktion fehlt aktuellen Benutzerschnittstellen jedoch diese entscheidende Fähigkeit, sagt Bulling. Auch dafür wichtige Voraussetzungen, insbesondere das Verständnis der Aufmerksamkeit der Nutzer oder die Vorhersage ihrer Absichten oder Vorwegnahme bevorstehender Nutzereingaben, seien noch weitgehend unerforscht. „Die proaktive Anpassung an den Benutzer steckt noch in den Kinderschuhen.“ so der Wissenschaftler. Das neue Projekt will genau hier deutliche Fortschritte erzielen und die antizipatorische Mensch-Computer Interaktion als einen eigenen Forschungsbereich innerhalb der Mensch-Computer Interaktion etablieren.
Andere Forschungsbereiche können profitieren
Die im Projekt entwickelten Algorithmen und Interaktionsparadigmen sollen den Weg für Benutzerschnittstellen nach dem Beispiel der natürlichen, zwischenmenschlichen Interaktion ebnen. Zukünftige Systeme könnten so beispielsweise die Informationsbedürfnisse der Nutzer antizipieren, computerbasiertes Training optimal an die individuellen Fähigkeiten ausrichten oder die Diagnose und Therapie von Autismus, die oft mit Defiziten in den oben genannten Fähigkeiten einhergeht, verbessern. Bulling ist sich sicher: „Neben Anwendungen in der Mensch-Computer Interaktion werden auch andere Forschungsbereiche von den neu entwickelten Methoden profitieren können, wie beispielsweise die kognitive Neurowissenschaft oder die Sozial- und Verhaltensforschung.“
In weiteren Forschungsprojekten beschäftigt sich Andreas Bulling mit der Analyse nicht-verbaler Signale, zum Beispiel der Körpersprache während sozialer Interaktionen für die Emotionserkennung, der algorithmischen Nutzer(verhaltens-)modellierung auf Basis tragbarer und ubiquitärer Sensorik, sowie der Anwendung dieser und weiterer Methode im Bereich Usable Security and Privacy.