Der Leiter des neuen Instituts für Medizingerätetechnik an der Universität Stuttgart, Prof. Peter Pott, freut sich, seiner Eigeninitiative und Vorstellung beim Aufbau des Instituts freien Lauf lassen zu können. „Ich muss dieses Institut von null aufbauen“, erklärt der Mannheimer. Die Räume, in die das Institut am Pfaffenwaldring eingezogen ist, waren vor knapp drei Jahren komplett ausgebrannt.
Für den Ingenieurswissenschaftler ist es die erste Professur. Nach der Habilitation machte er zunächst einen kleinen Abstecher in die Industrie – nicht ganz freiwillig, wie er zugibt. Der Berufungsprozess habe so lange gedauert, dass er fast nicht mehr an die Stelle geglaubt habe. Was vielleicht damit zusammenhing, dass es die Professur bisher nicht gab.
Premiere für Professur der Medizingerätetechnik
Inhaltlich fängt Pott nicht bei null an, weil es die Studiengänge Medizintechnik Bachelor und Master bereits gibt. Im laufenden Wintersemester hält er schon die Vorlesung Grundlagen des Maschinenbaus, verantwortet eine weitere zum Thema Medizingerätetechnik und ist dabei, eine dritte (Medizinrobotik) zu entwicklen. Praktikumsversuche kommen dazu, die vielleicht schon im Sommersemester angeboten werden können. „Ich übernehme die Vorarbeiten meiner Kollegen und baue darauf auf. Dabei habe ich nicht viele Freiheitsgrade, denn die Inhalte der einzelnen Lehrmodule sind relativ fix“, beschreibt er seine Aufgabe in der Lehre.
Bedeutung der Medizintechnik in Baden-Württemberg
Die Medizintechnik hat in Baden-Württemberg eine große wirtschaftliche Dimension. Der interuniversitäre Studiengang Medizintechnik, den die Universitäten Tübingen und Stuttgart gemeinsam anbieten, hat auf diese Entwicklung reagiert. Beim Bachelorstudiengang pendeln die Studierenden zwischen den Universitäten, beim Masterstudiengang entscheiden sie sich für eine der beiden Einrichtungen. In Stuttgart liegt der Schwerpunkt auf Technik, in Tübingen eher auf Physik, Strahlenphysik und Biotechnologie.
Seit kurzem ist eine Sekretärin am Institut tätig. Auch der erste wissenschaftliche Mitarbeiter von Peter Pott ist seit November an Bord. Bis Anfang oder Mitte nächsten Jahres werden weitere vier Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler das Institut verstärken. „Je mehr Leute da sind, desto mehr können diese aus meinem Ideenpool nehmen oder auch eigene Ideen einbringen, so dass wir hier zu einem schlagkräftigen Team werden“, freut sich Pott.
Medizinrobotik im Fokus
In der Forschung kann Pott seine eigenen Akzente setzen. Die zeigen klar in Richtung Medizinrobotik. Es sei ein sehr weites und kompliziertes Feld, das stark von Marketinginteressen getrieben werde, weniger stark von medizinischen, so seine kritische Diagnose. Dann das klare Bekenntnis zur Robotik: „Ich bin der Meinung, dass die Nutzung von Robotik im OP sehr sinnvoll ist. Gleichwohl ist uns allen noch nicht so richtig klar, in welcher Form das geschehen soll.“
Experimental OP am Pfaffenwaldring
Die biomedizinische Aktorik ist für Pott ein wichtiges Thema am Institut. Dabei geht es darum, wie Antriebe gestaltet werden müssen, welche Wirkungsprinzipien gelten und wie sie einzusetzen sind, um mit Menschen zu interagieren. Nicht zuletzt deshalb will Pott einen Experimental-OP am Institut einrichten. Im Mittelpunkt: die Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine. „Diese Schnittstelle ist bi-direktional, nimmt also auf – das ist die Sensorik, oder gibt ab – das ist die Aktorik. Es gibt also immer eine Interaktion mit der realen Welt. Es braucht somit Kraft und Bewegungsgrößen“, beschreibt Pott das Forschungsthema. Als weiteres Forschungsstandbein nennt Pott die fortgeschrittene Lichtmikroskopie, bei der er mit Prof. Alois Herkommer vom Institut für Technische Optik kooperiert.
Stotternder Technologietransfer
Der Forscher hält nichts von Geheimniskrämerei nach dem Motto: "Das können wir alleine besser". Der Mittelstand, der in Deutschland von großer Bedeutung ist, müsse seine Einstellung gegenüber universitärer Forschung und Kooperation grundlegend ändern; weg vom "Das kann nicht gut sein, weil wir es nicht erfunden haben", hin zu mehr Kooperation und Offenheit gegenüber Innovationen.
Allerdings bemängelt Pott, dass die universitäteren und wirtschaftlichen Forschungs- und Entwicklungskulturen noch nicht richtig zusammengehen. Dabei müssten sich beide Seiten an die eigene Nase fassen. „In den Ingenieurswissenschaften sind lauter schlaue Köpfe, die irgendetwas Vernünftiges vorantreiben wollen. Lass uns das doch zusammen machen. Sei’s in Form von klassischer Auftragsforschung, in Form von gemeinsamen Projekten, bei denen jeder sich selbst finanziert oder in Form von einer gemeinsamen Finanzierung“, lautet sein Appell.
Peter P. Pott
Prof.Institutsleitung