Von Käferflügeln inspiriert

Der neue Forschungspavillon der Stuttgarter Architekten ist inspiriert vom Faltungsmuster der Flügel des Marienkäfers.

Ein neuer Forschungspavillon der Stuttgarter Architekten ist inspiriert vom Faltungsmuster der Flügel des Marienkäfers. Der Forschungsdemonstrator setzt sich aus zwei adaptiven Faltelementen (1,70 Meter breit und 3,00 bzw. 2,50 Meter hoch) zusammen, die aus kohlenstoff- und glasfaserverstärkten Verbundkunststoffen bestehen.

Das Projekt wurde von einem interdisziplinären Team mit Studierenden sowie wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aus den Fachgebieten Architektur und Ingenieurwesen entworfen und realisiert. Neben den drei betreuenden Instituten der Universität Stuttgart (Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung, Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen und Institut für Textil- und Fasertechnologien) waren auch Biologen und Paläontologen der Universität Tübingen beteiligt.  

Bionische Untersuchungen

Wie viele andere Käferarten bedecken die Marienkäfer ihre dünnen und zerbrechlichen Hinterflügel mit robusteren Vorderflügeln. Um sie möglichst kompakt unter die Vorderflügel zu packen, falten sich diese Flügel entlang genau abgegrenzter, flexibler Gelenkzonen mit spezifisch definierten mechanischen Eigenschaften. Die gefalteten Flügel speichern in den Gelenkzonen elastische Energie, die ein schnelles Aufklappen und Entfalten ermöglicht, falls das Insekt einer Gefahr entkommen muss. Anhand mathematisch-geometrischer Beschreibungen der Faltbewegungen des Käfers konnte das Projektteam das kinematische Verhalten der unterschiedlichen Gelenkzonen darstellen.  Die Faltbewegung der Pavillon-Elemente wird durch nachgiebige Gelenkzonen mit integrierten, pneumatischen Aktuatoren erreicht.

Darüber hinaus setzte das Team erstmalig eine in der industriellen Serienfertigung verbreitete spezielle Legetechnik für die automatisierte Herstellung großformatigen kohlenstoff- und glasfaserverstärkten Verbundkunststoffe ein.

Adaptive Architektur

Das beim Forschungspavillon eingesetzte kinetische System ermöglicht es, die Faltelemente zu schließen und zu öffnen. Der Demonstrator stellt damit ein intelligentes robotisches Architektursystem dar, das in der Lage ist, durch räumliche Adaption auf seine Benutzer zu reagieren und mit ihnen zu kommunizieren: Zum einen durch Berührung von sensorischen Bereichen, zum anderen über eine mobile und webbasierte Oberfläche, die es dem Benutzer erlaubt, die Bewegung des Demonstrators über Smartphone oder Tablet-PC zu steuern.

ITECH Research Demonstrator 2018-19

Quelle: Vimeo

Zum Projekt

Das Projekt ist Teil einer erfolgreichen Reihe von Forschungsdemonstratoren, die das Potenzial von computergestützten Entwurfs-, Simulations- und Fertigungsprozessen in bio‑inspirierter Architektur aufzeigen.

Der Forschungsdemonstrator wird in Kürze am Institut für Textil- und Fasertechnologien (ITFT) in Denkendorf aufgebaut.

Beteiligte Institute der Universität Stuttgart:
Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD), Prof. Achim Menges; Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE), Prof. Jan Knippers, Institut für Textil- und Fasertechnologien (ITFT), Prof. Götz T. Gresser

In Zusammenarbeit mit:
Compositence GmbH
Institut für Evolution und Ökologie, Fachbereich Evolutionsbiologie der Invertebraten und dem Zentrum für Angewandte Geowissenschaften, Fachbereich Invertebraten-Paläontologie, der Universität Tübingen

Projektinformationen

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