Eindrücke von der Jahresfeier 2019

Mit Gästen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und Gesellschaft beging die Universität Stuttgart am 15. November ihre Jahresfeier. Rektor Prof. Wolfram Ressel blickte auf das zurückliegende akademische Jahr. Preise und Ehrungen wurden verliehen und umrahmt von Musik gab es Grußworte und einen Festvortrag, der sich dem maschinellen Lernen annahm.

Rektor Prof. Wolfram Ressel berichtete von Erfolgen, aber auch vom Scheitern.

Viele bekannte Gesichter könne er unter den zahlreichen Gästen ausmachen, freute sich Rektor Prof. Wolfram Ressel, der dies als „ein Zeichen der Wertschätzung und des Interesses an unserer Universität“ wertete. Von Erfolgen, aber auch vom Scheitern, hatte er zu berichten. So erreichte die Uni­versität Stuttgart beim bundesweiten Wettbewerb der Universitäten um einen der elf Exzellenz­titel nur den 12. Platz.

Angesichts der intensiven Zusammenarbeit aller – von der Professorenschaft über die Verwaltung bis zu den Studierenden – und dem schließlich 150 Seiten umfassenden Förderantrag „Intelligente Systeme für eine zukunftsfähige Gesellschaft“ zog Ressel das Fazit: „Wir sind exzellent, wenn auch nicht Exzellenzuniversität“. Er verwies sodann auf Sonderforschungsbereiche, Transregios, Graduiertenkollegs sowie Verbundprojekte. 20 Professorinnen und Professoren waren neu berufen worden, die Gründungskultur wolle man an der Universität mehr einbinden und neue Tenure Track-Professuren werden die strategische Zukunftsbereiche „Autonomous Systems“ und „Biomedical Systems“ stärken.

In der Welt zuhause

Eine überaus positive Entwicklung machte der Rektor bei den Drittmitteln aus. Die haben sich im Verlauf der letzten elf Jahre verdoppelt, inzwischen rund 220 Millionen Euro erreicht und betragen damit nun fast 44 Prozent des Gesamtbudgets. Sorgen bereite dagegen der Hochschulfinanzierungsvertrag. Da aktuell pro Student und Jahr 3540 Euro weniger ausgegeben würden als noch 1998, also inflationsbereinigt ein Drittel weniger, stellte Ressel „richtiges Sparen“ in den nächsten zwei Jahren in Aussicht. Keine Freude bereite auch der Rückgang der Studierendenzahlen bei den MINT-Fächern Maschinenbau, Bauingenieurwesen und Elektrotechnik. Überaus positiv dagegen: Fast 22 Prozent der Studierenden kommen aus dem Ausland. „Die Universität Stuttgart ist gefragt und in der Welt zuhause“, betonte Wolfram Ressel und erinnerte an die Reisen von Akademischem Chor und Orchester, wie etwa jüngst nach Südkorea, Taiwan und Hongkong.

 

Prof. Bernhard Keimer, Vorsitzender des Universitätsrats.
Dr. Johannes Rothmund, Vertreter des Akademischen Mittelbaus.
Bruno Wipfler, Vertreter der Studierenden.

Die Universität gleicht einem Bienenvolk

Von einem exzellent ausgearbeiteten Antrag für die Exzellenzstrategie und einer beeindruckenden Zusammenarbeit sprach Prof. Bernhard Keimer, der Vorsitzende des Universitätsrats. „Es wäre kein Fehler gewesen, der Universität Stuttgart den Exzellenztitel zu verleihen“, merkte er diplomatisch an. Auch für Dr. Johannes Rothmund war die interdisziplinäre und intensive Zusammenarbeit im Rahmen der Exzellenzstrategie eine besondere Erfahrung. Daran solle man festhalten, riet der Vertreter des Akademischen Mittelbaus und unterstrich, auch die Chancen und Möglichkeiten der Digitalisierung sollten wahrgenommen und an der Universität vorangebracht werden. Als eine Institution, wo die Menschen das Beste geben, um diese noch besser zu machen, hat Bruno Wipfler die Universität erlebt. Der Vertreter der Studierenden verglich die Uni mit einem wuseligen Bienenvolk – unüberschaubar, aber es kommt immer etwas Gutes dabei heraus, wie etwa der Honig von dem Projekt Campusbienen, den er dem Rektor überreichte.

Die lernende Maschine ist nur so gut wie der Mensch, der das Modell entwickelt, erklärt Festredner Prof. Philipp Hennig von der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Lernende Maschinen – nur so gut, wie das Modell

Einst kaum beachtet, sei das maschinelle Lernen heute in aller Munde, sagte Prof. Philipp Hennig von der Eberhard Karls Universität Tübingen zu Beginn seines Festvortrags, der unter dem Titel „Maschinelles Lernen: Unsicherheit als technologische Wunschvorstellung“ stand.

Die lernende Maschine, erklärte der Professor für die Methoden des Maschinellen Lernens, sei ein Rechenalgorithmus, der mithilfe von Daten ein Modell verbessert. Das Modell, ohne das keine Maschine lernen kann, ist ein Raum voller Hypothesen, wie die wahre Welt wohl aussehen mag. Wichtig seien die Daten. Je mehr, umso besser, betonte Hennig, doch: „Ist das Modell schlecht, helfen auch noch so viele Daten nicht“, und da hinter dem Modell Menschen stehen, sei die lernende Maschine schließlich nur so gut wie der Mensch, der das Modell entwickelt.

Ein Arzt könne eine Diagnose stellen, indem er viele Unsicherheiten ausschließe, um zu mehr Sicherheit zu gelangen, erklärte Philipp Hennig. Eine Maschine muss das erst lernen. Lässt sich etwa aus einer trockenen Straße folgern, dass es nicht regnet, muss eine nasse Straße dagegen nicht automatisch bedeuten, dass es geregnet hat. Schon im 18. Jahrhundert beschäftigte Thomas Bayes die Frage, wie man aus einer bedingten Wahrscheinlichkeit die umgekehrte Wahrscheinlichkeit errechnen kann. Die Rechenmethoden, wie das Bayes-Theorem, seien keineswegs neu im Silicon Valley erfunden worden, erklärte der Festredner.

Fachleute, die den Maschinen das Lernen beibringen, sind gefragt,  betonte Hennig und verwies auf das 2016 gegründete Cyber Valley, einen „Hotspot für die Forschung des maschinellen Lernens“. Diese vom Land Baden-Württemberg geförderte Initiative, der die Universitäten Stuttgart und Tübingen, wie auch die Max-Planck-Gesellschaft mit dem Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme sowie die Fraunhofer-Gesellschaft nebst Unternehmen angehören, mache die Region Stuttgart-Tübingen weltweit führend im Bereich der Forschung rund um die künstliche Intelligenz.

Prof. Konrad Bergmeister von der Universität für Bodenkultur Wien (links) erhielt die Ehrendoktorwürde.

Ein Ehrendoktor, zwei Lehrepreise, fünf stuvus-Sonderpreise

Prof. Konrad Bergmeister von der Universität für Bodenkultur Wien, der zu Baustatik und Bautechnik, Tunnel- und Brückenbau sowie Befestigungstechnik forscht, wurde mit der Ehrendoktorwürde ausgezeichnet. Der Ingenieur und Wissenschaftler von internationalem Rang war schon an der Universität Stuttgart tätig. Durch seine baupraktischen, insbesondere aber seine wissenschaftlichen Arbeiten, habe er in grundlegender Weise zur Weiterentwicklung der Baukunst beigetragen, so Prof. Werner Sobek vom Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK) in seiner rhetorisch exzellenten Laudatio.

Die beiden Lehrepreise gingen an Prof. Holger Cartarius..
..und Prof. Ewald Krämer (jeweils links im Bild).

Seit 2015 wird von der Universität der Lehrepreis verliehen. In diesem Jahr konnten sich erstmals zwei Hochschullehrer über den mit je 10.000 Euro dotierten Preis freuen. Erstmals wurde auch der von der Studierendenvertretung stuvus finanzierte Sonderpreis in Höhe von je 2.500 Euro für außergewöhnliches Engagement in der Lehre verliehen.  

Die beiden Lehrepreise gingen an Prof. Holger Cartarius und Prof. Ewald Krämer. Holger Cartarius, jetzt Professor an der Friedrich Schiller Universität Jena, war an der Universität Stuttgart am Aufbau der Abteilung Physik und ihre Didaktik am 5. Physikalischen Institut beteiligt. Dem Physiker, so die Laudatio, sei es gelungen, seinen Studierenden – für deren Fragen er stets ein offenes Ohr hatte – extrem abstrakte Inhalte auf anschauliche Weise zu vermitteln. Zudem bot er etwa ein „Literaturseminar zu aktueller Physik“ an. Seit 2004 leitet Prof. Ewald Krämer das Institut für Aerodynamik und Gasdynamik. In der Lehre vertritt er das Fach Strömungslehre. Verständnisfragen nimmt er zum Anlass, um sein Lehrkonzept beständig zu überarbeiten. Bei seinen Veranstaltungen sei es dem Luft- und Raumfahrttechniker wichtig, die Studierenden mit Präsentationen und Diskussionen zu motivieren.

Die fünf Preisträgerinnen und Preisträger des stuvus-Sonderpreises sind: Carlos Damino vom Institut für Formale Methoden der Informatik, Prof. Markus Friedrich vom Institut für Straßen- und Verkehrswesen, Prof. Dominik Göddeke vom Institut für Angewandte Analysis und Numerische Simulation, Prof. Sabine Holtz vom Historischen Institut sowie Prof. Peter Pott vom Institut für Medizingerätetechnik.

Jagdhorn-Fanfare und Flötensonate

Mit einer Fanfare von Gioachino Rossini für ein Jagdhorn-Ensemble, sorgten die Musikerinnen und Musiker des Akademischen Orchesters der Universität Stuttgart für einen überaus schwungvollen Einstieg in den Festabend und schufen nach den Reden mit einer Flötensonate von Francis Poulenc einen stimmungsvollen Übergang zum anschließenden Empfang.

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