Humboldt-Stipendiat wird man in der Regel, indem man sich aufgrund überdurchschnittlicher Wissenschaftsleistung mit Hilfe eines Mentors um ein Stipendium bewirbt. Bei dem Inder Prof. Jaya Narayana Sahu war es umgekehrt: Die Alexander von Humboldt-Stiftung war derart beeindruckt von seiner Forschung, dass sie von sich aus auf den Professor an der Technischen Universität Brunei zuging.
Forscher beeindruckt Humboldt-Stiftung
Ausschlaggebend dafür, dass die Humboldt-Stiftung den indischen Professor für Forschungen in Deutschland gewinnen wollte, war nicht zuletzt die äußerst prestigeträchtige Auszeichnung mit dem sogenannten Prosper.Net-Scopus Preis für junge Wissenschaftler (YSA). Diese Auszeichnung in der Asien-Pazifik-Region geht an Wissenschaftler, die durch ihre Forschung einen herausragenden Beitrag zur Nachhaltigkeit geleistet haben. Sahu kann mit einer langen Liste von Goldmedaillen und ersten Preisen aufwarten. Der Ingenieur der Chemie ist rumgekommen, hat an etlichen Universitäten im asiatisch-pazifischen Raum gelehrt, zuletzt als Professor in Brunei an der dortigen technischen Universität. Davor war er in Kuala Lumpur an der University of Malaya als Senior Lecturer tätig. Promoviert hat er in seinem Heimatland am renommierten Indian Institute of Technology (IIT).
CO2 als Rohstoff der Zukunft
Jetzt ist er in Deutschland. „Die Humboldt Stiftung hat es mir ermöglicht, Forschungsinstitute meiner Wahl in Deutschland zu besuchen und vor Ort mit Professoren zu sprechen. Dafür bin ich sehr dankbar“, erzählt er. Seine Wahl fiel auf das Institut für Technische Chemie der Universität Stuttgart und seinen Leiter Prof. Elias Klemm, mit dem er seit Mai 18 Monate lang an Mikrowellen-Pyrolyse-Verfahren forscht - mit dem Ziel aus CO2 oder anderen Stoffen Kohlenstoffmaterialien herzustellen.
Das Charmante an der Mikrowellen-Pyrolyse: Sie kann unterschiedliche Kohlenstoffmaterialien definieren und in großen Mengen erzeugen. So kann Sahu mit seinem Verfahren katalytisch aktive Kohlenstoffmaterialien herstellen, die Fremdatome enthalten und die wiederum als Elektrode eingesetzt werden können, um CO2 mit Wasser zu Treibstoffen umzusetzen.
CO2 wird also sowohl für die Herstellung der Elektroden als auch für die Erzeugung synthetischer Treibstoffe eingesetzt. Voraussetzung für die Nachhaltigkeit ist allerdings die Verfügbarkeit von Strom aus regenerativen Quellen.
Großindustrie vom neuen Verfahren überzeugen
„Wir möchten mit unseren Forschungen erreichen, dass das Kohlenstoffdioxid (CO2) auch für die Herstellung der Katalysatoren eingesetzt wird, an denen dann wiederum CO2 zu Treibstoffen umgesetzt wird. Dafür kommen einige Kohlenstoffnanomaterialien in Frage, die eine hohe Porosität besitzen, keine Metalle enthalten und aktiver sind als andere Materialien. So können die Kosten verringert und die Effizienz erhöht werden“, beschreibt Prof. Jaya Narayana Sahu das chemischer Verfahren. Dies dürfte die Großindustrie schnell auf den Plan rufen.
Mikrowellen-Reaktor als neues Verfahren zur Kohlenstoffherstellung aus CO2
In Elias Klemm sieht Sahu den idealen Forschungspartner mit „außergewöhnlichen Forschungsqualitäten“ für die ambitionierte Wissenschaftskooperation. Klemm sieht das umgekehrt genauso. Er interessiert sich stark für das von Sahu maßgeblich entwickelte und patentierte Mikrowellen-Pyrolyseverfahren. So sehr, dass er das recht teure Mikrowellengerät aus Singapur für sein Institut bestellt hat. Das ziemlich große Spezialgerät, das in Bälde geliefert werden soll und bisher nur von ganz wenigen Unternehmen weltweit gebaut wird, erlaubt die Synthese von Kohlenstoffnanomaterialien.
Der 40-jährige Sahu ist Experte auf dem Gebiet der Mikrowellen-Erhitzung. Schon in jungen Forscherjahren hat er zwei Patente zu diesem Verfahren erfolgreich angemeldet und kann weit über hundert Publikationen vorweisen.
Nach den 18 Monaten in Stuttgart will Sahu in seine Heimat nach Indien zurückkehren, um dort mit seiner Forschung und den neuen Erkenntnissen für eine umweltfreundliche Energiegewinnung zu sorgen. So zumindest sein bisheriger Plan. Es stünde ihm jedoch offen, seinen Forschungsaufenthalt in Stuttgart zu verlängern, worüber sich nicht zuletzt Klemm freuen würde, denn der sympathische Inder leistet Bahnbrechendes auf seinem Spezialgebiet des Chemieingenieurwesens.
Institutsleiter Elias Klemm und Jaya Narayana Sahu hatten sofort einen Draht zueinander. Auch die Familien haben sich schon gegenseitig eingeladen. Auch zu seiner Unterkunft in Stuttgart kam Sahu mit Klemms Unterstützung. Von Stuttgart hatte der Inder das Bild von einer Industriestadt, die er sich düster und schmutzig vorstellte, vor Augen. Ganz anders sein Eindruck, seit er in der Landeshauptstadt sein zeitweiliges Zuhause hat. „Stuttgart ist meines Erachtens eine der nachhaltigsten Städte überhaupt“, schwärmt Prof. Jaya Narayana Sahu mit einem herzlichen Lachen.
Elias Klemm
Prof. Dr.-Ing.Leiter des Instituts für Technische Chemie