Wie kommen wir an der Universität Stuttgart von vielen einzelnen Beispielen digitaler Elemente zu einer universitätsweiten Verankerung?
Wie integrieren wir digitale Lehr- und Lernformate mit Formen herkömmlicher Lehre?
Diese Fragen standen im Fokus der Peer-to-Peer-Beratung, die gemeinsam vom Stifterverband und dem CHE Centrum für Hochschulentwicklung im Hochschulforum Digitalisierung unterstützt wird. Die Universitätsleitung möchte den Übergang von einzelnen E-Learning-Projekten zu einer Gesamtstrategie für Hochschulbildung erreichen. Sie hatte sich 2017 mit Erfolg um die Aufnahme in das neue Beratungsprogramm des Hochschulforums Digitalisierung beworben. Ein zweitägiger Workshop dazu fand Ende Januar statt.
Das Beratungsgespräch war mit Uni-Rektor Prof. Wolfram Ressel, den Prorektorinnen für Lehre und Weiterbildung, Prof. Cathleen Kantner, und für Informationstechnologie, Dr. Simone Rehm, sowie dem Prorektor für Wissens- und Technologietransfer, Prof. Thomas Graf hochkarätig besetzt. Darüber hinaus zählten Lehrende, Vertreterinnen und Vertreter unterstützender Einrichtungen (TIK, Studienberatung, Sprachenzentrum, ZLW) und Studierende zu dem Teilnehmerkreis. Moderator der Peer-to-Peer-Beratung war Dr. Jörg Dräger, Geschäftsführer des CHE Centrums für Hochschulentwicklung und Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung. Das externe Beratungsteam setzte sich aus Experten aus anderen Hochschulen sowie aus Wirtschaft und Gesellschaft zusammen.
Lehre sinnvoll mit digitalen Lösungen unterstützen
„Im Mittelpunkt soll die aktivierende und die forschungsgeleitete Lehre stehen. Es geht weniger um Technik, als um Didaktik. Digitalisierung ist kein Selbstzweck“, darin sind sich die Beteiligten der Beratungsrunde einig. Ziel sei es, Lehre sinnvoll mit digitalen Lösungen zu unterstützen, sagt Cathleen Kantner, die Prorektorin für Lehre und Weiterbildung. „Wir wollen digitale Formate möglichst didaktisch reflektiert, effektiv und ressourceneffizient einsetzen, um die Qualität der Lehre zu verbessern.“
Welche Formen von E-Learning gibt es bereits an der Universität Stuttgart?
- Lernplattform ILIAS
- Vorlesungsaufzeichnung Opencast
- Virtuelles Programmierlabor (ViPLab)
- vereinzelt Lehrvideos, aber noch keine ausgerollte Infrastruktur
- E-Klausuren werden im Rahmen einer Pilotierung in einem Studiengang erprobt - Webbasierte Kommunikation und Tutorien zu Lehrveranstaltungen
- Blended Learning mit stark unterschiedlichem E-Learning-Anteil (bis max. 80% bei den Master:Online-Studiengängen
Gewünscht: Erfahrungsaustausch
„Die Digitalisierung ist ein Anlass für Lehrende, darüber nachzudenken: ‚Wie kann ich die neuen Möglichkeiten in meine Vorlesung, in meine Lehre, integrieren?‘“ sagt Prorektorin für Informationstechnologie, Dr. Simone Rehm. „Viele sehen auch Risiken, etwa: ‚Kommen dann keine Studierenden mehr in die Vorlesung?‘“ Für derartige Fragen sollte es einen Erfahrungsaustausch im Kollegenkreis geben.
Universitätsweite Etablierung digitaler Formate
„Das Entwerfen einer Strategie ist wichtig, um das Ziel zu formulieren, was mit digital angereicherten Lehrformaten erreicht werden soll. Erst wenn Einigkeit in der Zielsetzung besteht, kann man den richtigen Weg hin zu einer universitätsweiten und auf Dauer angelegten Etablierung digitaler Lehrformate einschlagen“, betont Kantner. „Wir sollten wegkommen vom Einzelprojekt und alle Fachbereiche in unsere Aktivitäten einbinden.“ Die Prorektorin weist darauf hin, dass auch der Dialog mit den Studierenden verstärkt werden solle. Bedacht werden müssten folgende Fragen: Wie kann ich durch interaktive digitale Elemente die Studierenden stärker einbinden und aktivieren? Welche Szenarien eignen sich am besten für welche Fachkulturen? Wie tragen sie zum Gelingen forschungsgeleiteter Lehre und zum forschenden Lernen an der Universität Stuttgart bei?
Wie kann ein bedarfsgerechtes Serviceangebot aufgebaut werden?
Einig sind sich die Teilnehmenden darüber, dass praktische Handreichungen gebraucht werden, um die Tools möglichst unkompliziert anwenden zu können und damit auch die Akzeptanz bei Lehrenden wie bei Studierenden zu erhöhen.
Der Workshop hat für einen breiten Austausch zu den Themen digitales Lehren und Lernen gesorgt. Auch wenn den neuen Lehrformaten großes Potenzial zugeschrieben wird, so bestand doch Einigkeit darin, dass die Universität Stuttgart eine Präsenzuniversität bleiben möchte und die Beziehung zwischen Lehrenden und Studierenden als wesentliche Voraussetzung für den Studienerfolg ansieht. Digitale Elemente können aber die forschungsgeleitete Lehre, der sich die Universität Stuttgart verschrieben hat, stärken und die Interaktion der Studierenden mit den Lehrenden sogar fördern. Der Moderator des Workshops, Dr. Jörg Dräger, sieht die Peer-to-Peer-Beratung als einen ersten Schritt zur Entwicklung einer Gesamtstrategie in Bezug auf die Integration digitaler Formate in die Lehre. Er ist überzeugt, dass die Verwendung digitaler Elemente in der Lehre zur Normalität werden wird. Uni-Rektor Prof. Wolfram Ressel ist optimistisch, dass angemessene Formate für die Universität Stuttgart gefunden werden.
AG E-Learning
Die Universität Stuttgart blickt auf reichhaltige Erfahrungen mit E-Learning zurück: schon 2001 wurde mit „campus-online education“ eine erste E-Learning Initiative angestoßen, die aus mehreren Stufen bestand. Die Universität beteiligt sich heute aktiv im 2016 gegründeten Hochschulnetzwerk Digitalisierung in der Lehre Baden-Württemberg www.hnd-bw.de. Ebenfalls 2016 richtete die Hochschulleitung die AG E-Learning ein. Sie ist besetzt mit Vertreterinnen und Vertretern verschiedener Fakultäten und Zentralbereiche (TIK, zlw, SZ, MINT-Kolleg, ZSB).