Genderneutrale Toiletten „Plus“

7. Februar 2024

Studierende der Architekturfakultät beschäftigten sich – auf Anregung aus der Univerwaltung – mit der Konzeption von genderneutralen Toiletten an der Universität Stuttgart. Die Ergebnisse sind in einer Ausstellung zu sehen.

Dass der Wunsch einer baulichen und soziopolitischen Weiterentwicklung der Universität in eine Lehrveranstaltung mündet, ist selten. So geschehen in einem Seminar des Instituts für Raumkonzeptionen und Grundlagen des Entwerfens (IRGE) im Wintersemester 2023/24. Unter dem Thema „All-Gender: Reflecting on the University's public restrooms“ und der Leitung von Dozentin Kyra Bullert sowie Alba Balmaseda, beschäftigten sich Studierende der Architekturfakultät mit der Frage wie sichere, nachhaltige und inklusive öffentliche Toiletten in Gebäuden der Universität Stuttgart bereitgestellt werden können.

Denn die Nachfrage nach geschlechtsneutralen Toiletten in öffentlichen Gebäuden und am Arbeitsplatz steigt. Damit nicht nur Männer und Frauen, sondern auch intergeschlechtliche, transgeschlechtliche und nicht-binäre Menschen die Toilette mit einem sicheren und angenehmen Gefühl besuchen können.

Ausstellungseröffnung mit Publikum
Ausstellungseröffnung im K1

Mehrwert durch zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten

Die Ergebnisse dieser Überlegungen aus dem Architektur-Seminar sind nun bis zum 10. Februar 2024 im Flur des 5. Stocks des K1 (Keplerstrasse 11) zu sehen. Bei den fünf ausgestellten Entwürfen, die fünf verschiedene Universitätsgebäude repräsentieren, wird deutlich, warum eine inklusive und geschlechtsneutrale Neugestaltung von Toiletten etwas anderes benötigt, als eine bloße Umwidmung der Bezeichnung: Aus Sicht der Architektur können räumliche Lösungen für genderneutrale Toiletten mehr beinhalten: nicht nur eine Lokalität, auf der jede*r sein*ihr Geschäft verrichten könne. So integrieren die Entwürfe vielfältige Ideen und schaffen „Mehrwert“ durch zusätzliche Nutzungsmöglichkeiten der Räume, wie der barrierefreie Zugang für Menschen mit Behinderung, Wickel- und Ruhemöglichkeiten sowie die Integration von Gemeinschaftsküchen und Duschkabinen.

„Die bestehenden Toiletten an der Uni einfach durch neue Schilder genderneutral zu machen ist allein rechtlich nicht möglich, da eine bestimmte Anzahl entsprechend der Zahl der Benutzer*innen vorgeschrieben ist. Es ist beeindruckend, zu sehen, was für kreative Vorschläge die Studierenden erarbeitet haben, um einen Beitrag zu einem inklusiven Studien-, Forschungs- und Arbeitsort zu leisten“, erklärt Prof. Silke Wieprecht, Prorektorin für Diversity und Internationales.

Denn wenn man hier ohnehin baulich tätig werden müsste, warum nicht dann gleich richtig, also mit einem „plus“? So gehen die Ideen der Studierenden auch noch über die Genderneutralität und zusätzliche Nutzungsideen hinaus: Das Konzept „See and pee seen“ etwa verhandelt den Konflikt um Intimität in der Öffentlichkeit neu. An prominenter Stelle – nämlich dem stillgelegten Brunnen im Stadtgarten – könnte eine genderneutrale Toilette mit Urinaufbearbeitungsanlage zur Düngung des umgebenden Gartens auf einem Sockel installiert werden.

Ein Wunsch von vielen Seiten

"Für das angebotene Seminar gab es großes Interesse von den Studierenden. Ehrlichgesagt kam das Thema ursprünglich gar nicht von der Architekturfakultät, sondern wurde von außen an uns herangetragen", erklärt Kyra Bullert bei der Ausstellungseröffnung. Das „Bedürfnis“ das Thema „genderneutrale Toiletten“ intern aufzugreifen, kam bereits ein Jahr zuvor in mehreren Ecken der Universität auf: Einer der Auslöser war beispielsweise das Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung, in Person von Prof. Sabine Schulte im Walde. In deren Gebäude – das nur institutsintern genutzt wird – entstand der Wunsch nach genderneutralen Toiletten. Daraufhin machte sich Schulte im Walde kundig, was für diese Umwidmung der Räume zu tun sei und landete schließlich in der Stabsstelle für Inklusive Universitätskultur. Hier rannte man mit der Anfrage offene Türen ein. Gemeinsam mit Dezernat 8 , Dezernat 6, dem Prorektorat für Diversity und Internationales, dem Inklusionsbeauftragten wie auch der Schwerbehindertenvertretung und stuvus wurde und wird an diesem Thema gearbeitet. So wurde das Seminar von Dozentin Kyra Bullert und Alba Balmaseda finanziell mit dem Diversity-Fonds 2023 der Universität Stuttgart unterstützt.

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