Ab dem kommenden Jahr wird die baden-württembergische Landeshauptstadt zum Versuchsfeld für Elektro-Taxis. Eine Flotte von voraussichtlich fünf elektrisch angetriebenen Fahrzeugen soll ab April 2014 im Rahmen eines Forschungsprojekts in Stuttgart unterwegs sein. Welche konkreten Modelle zum Einsatz kommen, wird in den nächsten Wochen entschieden. Das Projekt soll ein Geschäftsmodell für den Einsatz von Elektrofahrzeugen im Taxiverkehr entwickeln und die Akzeptanz der Elektromobilität bei Taxifahrern und ihren Fahrgästen erhöhen. An dem Forschungsvorhaben „GuEST (Gemeinschaftsprojekt Nutzungsuntersuchungen von Elektrotaxis in Stuttgart)“ sind das Zentrum für interdisziplinäre Risiko- und Innovationsforschung (ZIRIUS) der Universität Stuttgart, das mit der Universität Stuttgart verbundene Forschungsinstitut für Kraftfahrwesen und Fahrzeugmotoren Stuttgart (FKFS), die Taxi-Auto-Zentrale Stuttgart eG, die DEKRA Automobil GmbH und die Robert Bosch GmbH beteiligt.
Taxis legen in Großstädten viele Kilometer im Stadtverkehr zurück und sind daher grundsätzlich
ein Einsatzfeld, in dem die Elektromobilität ihre Vorteile ausspielen kann. Allerdings sind die
Anschaffungskosten von Elektrofahrzeugen deutlich höher als bei konventionell angetriebenen
Fahrzeugen. Zudem stellt der Taxiverkehr besonders hohe Ansprüche an deren Qualität,
Zuverlässigkeit, Reichweite und Sicherheit.
Um zu erforschen, wie wirtschaftlich ein elektrischer Antriebsstrang unter diesen
Voraussetzungen ist, statten die Wissenschaftler des FKFS die eingesetzten Fahrzeuge mit spezieller
Messtechnik aus. Diese erhebt während der Projektlaufzeit unter anderem Nutzungsdaten wie
Energieflüsse und -verbräuche sowie typische Streckenprofile. Somit wird umfassendes Datenmaterial
über die technischen Anforderungen, die der Taxibetrieb an die Fahrzeuge stellt, generiert.
Weiterhin untersuchen die Forscher, wie sich verschiedene Strecken mit anspruchsvollem Höhenprofil
auf die Reichweite und damit auf die Einsatzfähigkeit der Elektrofahrzeuge im Taxibetrieb
auswirken. Stuttgart mit 700 Taxen und seiner anspruchsvollen Topographie bietet hierfür großes
Potential.
Für den Projektpartner Robert Bosch GmbH stellt GuEST einen wichtigen Feldversuch dar. Denn
ein Taxi ist ständig in verschiedenen Fahrsituationen in Bewegung: Tägliche Stadtfahrten
absolvieren die Fahrzeuge genauso wie längere Überlandfahrten. Mit Hilfe der Daten aus diesem
permanenten Feldbetrieb lassen sich einzelne Bausteine optimierten und zu effizienten Systemen
zusammenfügen. Ebenfalls wichtig für Bosch: Die Taxis werden die Elektromobilität im Alltag
erlebbar machen. Das Unternehmen erwartet auch hier mehr Informationen zur Nutzerakzeptanz.
Zusammengefasst stehen die Analyse der Einsatzbedingungen wie Umfeld, Akzeptanz, Erwartungen und
notwendige Infrastrukturen für Bosch im Mittelpunkt.
Anhand dieser Erkenntnisse soll es möglich werden, den Einsatz der Elektrotaxis so zu
optimieren, dass selbst höhere Anschaffungskosten durch intelligenten Einsatz mit entsprechend
hoher Fahrleistung relativiert werden.
Um im Rahmen des Forschungsvorhabens möglichst realistische Nutzungsprofile zu erreichen,
werden die fünf Elektrotaxis von Stuttgarter Taxiunternehmern mit festen Fahrern besetzt und kommen
so unter realen Alltagsbedingungen zum Einsatz. Die Fahrer werden zu Beginn des Projekts gezielt
für den Einsatz der Elektrofahrzeuge geschult.
Wie sich die Nutzung im Taxibetrieb auf die Elektrofahrzeuge konkret auswirkt, untersuchen
regelmäßig die Experten des Projektpartners DEKRA Automobil GmbH. Alle drei Monate werden die Taxis
im Hinblick auf besonderen Verschleiß oder andere Auffälligkeiten untersucht. Durch den Einsatz von
mehreren baugleichen Fahrzeugen lassen sich Rückschlüsse auf die Auswirkung des Nutzungsverhaltens
auf das jeweilige Fahrzeug ziehen.
Parallel zu den technischen Forschungsansätzen verfolgt „GuEST“ aber auch einen
sozialwissenschaftlichen Ansatz. Dabei befragen Wissenschaftler des Projektpartners ZIRIUS der
Universität Stuttgart die Fahrer und Fahrgäste der Elektrotaxis. Daraus können Erkenntnisse zur
Akzeptanz der Technologie gewonnen werden und darüber hinaus Ansätze diese zu steigern.
Nicht zuletzt sollen die Taxifahrer des Schaufensters zu Botschaftern der Elektromobilität
werden. Immerhin entstehen mit beispielsweise fünf Elektrotaxis und zehn Fahrten pro Tag aufs Jahr
gerechnet mindestens 15.000 Fahrerlebnisse in den Elektrofahrzeugen. Der Projektpartner
Taxi-Auto-Zentrale Stuttgart eG sorgt im Rahmen von „GuEST“ für eine Software-Anpassung, die es
Fahrgästen ermöglicht, Elektrotaxis ganz gezielt buchen zu können.
Das Projekt GuEST läuft vorerst bis zum Ende des Jahres 2015 und ist eines von rund 40
Projekten im baden-württembergischen Schaufenster Elektromobilität LivingLab BWe mobil. Es wird mit
rund 1,12 Millionen Euro durch das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)
federführend gefördert.
Die Bundesregierung hat im April 2012 vier Regionen in Deutschland als „Schaufenster
Elektromobilität“ ausgewählt und fördert hier auf Beschluss des Deutschen Bundestags die Forschung
und Entwicklung von alternativen Antrieben. Insgesamt stellt der Bund für das Schaufensterprogramm
Fördermittel in Höhe von 180 Millionen Euro bereit. In den groß angelegten regionalen
Demonstrations- und Pilotvorhaben wird Elektromobilität an der Schnittstelle von Energiesystem,
Fahrzeug und Verkehrssystem erprobt.
Im baden-württembergischen Schaufenster LivingLab BW e-mobil erforschen mehr als 100 Partner
aus Wirtschaft, Wissenschaft und öffentlicher Hand Elektromobilität in der Praxis und werden dabei
zusätzlich vom Land Baden-Württemberg und von der Region Stuttgart in hohem Maße durch eigene
Fördermittel unterstützt. Die rund 40 Projekte konzentrieren sich mit ihren Aktivitäten auf die
Region Stuttgart und die Stadt Karlsruhe und sorgen auch international für eine große Sichtbarkeit.
Das LivingLab BW e-mobil steht für einen systemischen Ansatz mit ineinandergreifenden Projekten,
die Elektromobilität vom E-Bike über den E-PKW bis hin zum elektrischen Transporter und
Plug-in-Linienbussen für jedermann erfahrbar machen. Die Projekte adressieren Fragestellungen zu
Intermodalität, Flotten und gewerblichen Verkehren, Infrastruktur und Energie, Wohnen und
Elektromobilität, Stadt- und Verkehrsplanung, Fahrzeugtechnologie, Kommunikation und Partizipation
sowie Ausbildung und Qualifizierung. Koordiniert wird das LivingLab BW e-mobil durch die
Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie e-mobil BW GmbH und die
Wirtschaftsförderung Region Stuttgart GmbH (WRS).
Weitere Informationen unter www.schaufenster-elektromobilitaet.org.
Informationen zum LivingLab BW e-mobil unter www.livinglab-bwe.de.
Presse-Ansprechpartner:
Universität Stuttgart
Andrea Mayer-Grenu
Tel. 0711 685 82176
andrea.mayer-grenu@hkom.uni-stuttgart.de
FKFS
Susanne Jenisch
Tel. 0711 685 65612
susanne.jenisch@fkfs.de
Robert Bosch GmbH
Udo Rügheimer
0711 8116283
udo.ruegheimer@de.bosch.com
DEKRA e.V.
Wolfgang Sigloch
Tel. 0711 7861 2386
wolfgang.sigloch@dekra.com
Taxi-Auto-Zentrale Stuttgart
Andreas Raible
Tel. 0711 55398 51
raible@taxi-auto-zentrale.de