Oscar Pistorius, dessen Unterschenkel beide schon im Kindesalter amputiert wurden, ist ein Athlet, der mit Prothesen so schnell auf 400 Meter sprintet, dass er die Olympia-Norm für gesunde Athleten geknackt hat. Der Südafrikaner nimmt jetzt an den Olympischen Spielen 2012 in London teil. Lange vor Beginn der Olympiade entstand eine intensive Diskussion darüber, ob er durch die Prothesen Vorteile hat und deshalb von den regulären Spielen ausgeschlossen werden müsste. Dieses aktuelle Beispiel griffen die Sport- und Bewegungswissenschaftler der Universität Stuttgart in einer Lehrveranstaltung auf. In dem Seminar „Mensch – Maschine – Prothese. Der Präzendenzfall Oscar Pistorius“ untersuchten Studierende die vielfältigen Argumente für und gegen die Teilnahme des Sportlers.
Pistorius hat mit seinen Leistungen ein breites öffentliches Interesse an seiner persönlichen Geschichte und der von Beinamputierten geweckt. Letzendlich entschied ein Gerichtsverfahren unter Hinzuziehung eines biomechanischen Gutachtens, dass Pistorius teilnehmen dürfe. Wegen der hohen Aktualität und der Aussrichtung an praxisnahen Themen in der Lehre boten die Forscher der Projektgruppe „Computersimulation menschlicher Bewegung“ des Instituts für Sport- und Bewegungswissenschaft der Universität Stuttgart (Inspo) zu diesem Thema ein interdisziplinäres Seminar an. Unter Leitung des Biomechanikers Daniel Häufle erörterten die Studierenden die vielfältigen Argumente für und gegen die Teilnahme Oscar Pistorius' an den regulären olympischen Spielen.
Zunächst beschäftigten sich die Studierenden mit biomechanischen und physikalischen Fragestellungen und Untersuchungsmethoden. Darüber hinaus standen auch sportmedizinische Aspekte im Mittelpunkt. Sie analysierten, was Laufen eigentlich ausmacht. Welche Rolle spielen beispielsweise Kräfte und Momente, wie können sportliche Bewegungen und der Energie- und Sauerstoffverbrauch gemessen werden und welche Bedeutung haben diese Werte? Um auch die sportrechtlichen Aspekte des Falls zu betrachten, wurde zudem ein Rechtsanwalt und Experte für Sportrecht in das Seminar mit einbezogen. Er stellte die juristischen Sachverhalte dar und erklärte, auf welchen Grundlagen die jeweiligen Entscheidungen des „Internationalen Leichtathletikverbandes" (IAAF) und des „Court of Arbitration for Sport" (CAS) getroffen wurden.
Ihr Ansprechpartner:
Dr. Syn Schmitt, Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft, Leiter der Projektgruppe Computersimulation menschlicher Bewegung
Tel. 0711/685-60484
E-Mail: schmitt(at)inspo.uni-stuttgart.de