Verknüpfung von Stadt und Universität

Symposium Campus 2030

Hochkarätige Podiumsdiskussion mit Oberbürgermeister Kuhn als Impulsgeber für eine engere Verknüpfung zwischen Stadt und universitären Forschungseinrichtungen.

„Stuttgart ist eine sehr bedeutende Hochschulstadt und auch wieder nicht“. Diese Aussage war der Auftakt seines launigen halbstündigen Impulsreferats. Der Satz von Oberbürgermeister Fritz Kuhn ließ aufhorchen und fand breite Zustimmung. Im dritten Symposium des Städtebau Instituts (SI) der Universität Stuttgart wurden unter dem Motto „Campus 2030“ konkrete Ideen und Konzepte zur Weiterentwicklung der Hochschulstandorte Stuttgarts behandelt – mit besonderem Fokus auf dem Bereich Stadtmitte. 

Klappern gehört auch zum akademischen Wirken
Das Verhältnis von Stadt und Universität müsse auch ein OB-Thema sein. Diese Aussage hatte sich Professor Franz Pesch, der als mittlerweile emeritierter Professor das dritte Symposium ins Leben gerufen hatte, gut gemerkt und den OB erfolgreich in den Hörsaal 17.02 beim Stadtgarten eingeladen. Entsprechend groß war die Resonanz, denn außer dem OB kamen viele weitere interessante Diskutanten mit großer Erfahrung in puncto Beziehungsgeflecht zwischen Stadt und Forschungseinrichtungen. Mit dabei Peter Pätzold, Baubürgermeister der Stadt Stuttgart, für das Land sprachen Claudia Reusch vom Finanzministerium und Michael Walker vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst.

Prof. Franz Pesch (links) hat das Symposium Campus 2030 ins Leben gerufen, bei dem auch Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Mitte) und Baubürgermeister Peter Pätzold mit diskutierten.
Prof. Franz Pesch (links) hat das Symposium Campus 2030 ins Leben gerufen, bei dem auch Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Mitte) und Baubürgermeister Peter Pätzold mit diskutierten.

13 Hochschulen, viele Fraunhofer Institute, zwei Max-Planck Institute, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt, das Zentrum für Sonnenenergie und Solarforschung sowie private Hochschulen machten Stuttgart international und deutschlandweit unbestritten zu einer wichtigen Hochschul- und Forschungsstadt. Und dennoch: Damit Professoren sich leichten Herzens für Stuttgart als Standort ihrer Wahl entscheiden, haben Universitäten, Stadt und Land noch ein gutes Stück gemeinsamer Arbeit vor sich. Es fehlt der Stadt noch an akademischem Flair. Stuttgarts universitärer Ruf ist eindeutig schlechter als verdient, so die einhellige Meinung diesseits und jenseits des Podiums. 

„Da können Heidelberg, Tübingen oder Freiburg nicht mithalten“

Oberbürgermeister Fritz Kuhn

„Wir haben 60.000 Studierende, das ist ein Zehntel der Stadtbevölkerung“, betonte Kuhn. Allein in der Stadtmitte seien es 19.000 Studierende, 25.000 in Vaihingen, 9.500 in Hohenheim. Jährlich schließen 12.000 ihr Studium ab, zwei Drittel davon finden in der Region Stuttgart einen Arbeitsplatz. „Ich glaube, da können Heidelberg und Tübingen nicht mithalten.“ Das, so der OB weiter, liege schon auch daran, dass hier sehr viel Industrie und Wirtschaft vorhanden ist.

Und was vermutlich wenige wissen: In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Studierenden in Stuttgart um 50 Prozent erhöht. „Nimmt man das zusammen, so ist Stuttgart ein wirklich bedeutender Hochschulstandort, wie es wenige gibt in der Republik“, resümierte Kuhn nicht ohne Stolz. 

Von Heimschläfern zu Vollzeit-Stuttgartern
Dann das große Aber. „Wenn sie von Studierenden in Baden-Württemberg sprechen, denken die Menschen nicht zuerst an Stuttgart. Sie nennen Tübingen, Heidelberg oder Freiburg.“ Die Exzellenz der Forschungseinrichtungen vor Ort sei vielen Stuttgartern gar nicht bewusst. Hinzu komme der häufige Einwand, Stuttgart fühle sich nicht an wie eine Studentenstadt. 

Donnerstagabends hängen die Studierenden noch auf der Theodor-Heuss-Straße ab, dann geht’s bis Montag nach Hause – zurück in die Pension Mama. So die traurige Erkenntnis, die Fritz Otlinghaus, Vorstandsvorsitzender der Studierendenvertretung der Universität Stuttgart, stuvus, aus studentischer Sicht bestätigte. Dieses „Heimschlafen“ liege an den teuren Wohnpreisen in Stuttgart und schlicht auch an mangelnden Unterkunftsangeboten für Studierende, waren sich alle Diskutierenden einig. 

Regelmäßiges Forum geplant
Damit sich das ändern kann, will OB Kuhn unter anderem ein regelmäßiges Forum ins Leben rufen. Weitere Impulse kamen von Kees Christiaanse vom Institut für Städtebau an der ETH Zürich, von Annette Friedrich (Heidelberg) und von Franz Pesch selbst in ihren Eingangsvorträgen. Im ersten Podiumsgespräch diskutierten die universitären Vertreter Stuttgarts, Michael-Jörg Oesterle, Dekan der Fakultät 10 der Universität Stuttgart, Rainer Franke, Rektor der Hochschule für Technik, Joachim Weber, Rektor der Dualen Hochschule Baden-Württemberg mit Sitz in Stuttgart, Barbara Bader, Rektorin der Akademie der Bildenden Künste Stuttgart sowie Fritz Otlinghaus darüber, was sie an der Stadt und ihrem Umgang mit der Wissenschaft stört und gaben konstruktive Anregungen. Den Innenstadtcampus als Ort des Dialogs zwischen Stadtgesellschaft und Wissenschaft zu etablieren und dies mit einem gemeinschaftlich genutzten Gebäude mit Ausstellungsflächen zu stärken – wie vom Masterplanteam um Franz Pesch entwickelt – wurde begrüßt. 

Podiumsgespräch mit Vertretern der Stadt und vom Land Baden-Württemberg.
Podiumsgespräch mit Vertretern der Stadt und vom Land Baden-Württemberg.

In der Stadtmitte ohne Namen
„Das Verhältnis der Stadt Stuttgart zur Universität und das Verhältnis von Universitäten zur Stadt Stuttgart ist nicht, wie es eigentlich sein soll“, konstatierte das Stadtoberhaupt. Annette Friedrich, Leiterin des Stadtplanungsamts der Stadt Heidelberg, verwies auf die Hochschulentwicklung innerhalb der Stadtentwicklung als politische Aufgabe. Sie schilderte Heidelberg als eine stolze Universitätsstadt – was auch Namen wie „Universitätsplatz“ belegten. Stuttgart dagegen, so wurde bemängelt, bemühe eine Bank (Börsenplatz) bzw. U-Bahn-Haltestelle Friedrichsbau/Börse als Landmarke, wenn nach dem Weg zur Universität gefragt werde und habe in der Stadtmitte keinen Namen, der die Existenz der Universität mittendrin im städtischen Getriebe belege und damit ins Gedächtnis eintrage.

Um noch weiter Öl ins Feuer zu gießen, kam auch Vaihingen zur Sprache. Dort, vor den Toren der City, gebe es nicht das Campus-Flair, wie man es von Campus Universitäten wie etwa Konstanz kenne. Das, obwohl Institute ansässig sind, die in der ganzen Welt berühmt sind. Ein bedenklicher Zustand, denn: „In einer Gesellschaft, in der der Faktor Wissensverknüpfung, Wissensverarbeitung und Wissensbewertung immer bedeutender werde, müssen doch die Forschungseinrichtungen eine ganz elementare Bedeutung für die Stadt haben“, betonte Kuhn.

Leitlinien für die städtebauliche Entwicklung der Hochschulen in der Stadtmitte
Was also tun, um den Standort insgesamt zu verbessern, der Stadt ein deutlicheres akademisches Gesicht zu verleihen, eines, das mit dem Stadtgeschehen verschmilzt und ihm dabei seine eigene Prägung verleiht? Im Projekt Campus 2030 des Städtebau-Instituts der Universität entstehen mittelfristige Leitlinien für die städtebauliche Entwicklung der Hochschulen in der Stadtmitte. OB Kuhn seinerseits griff das Angebot zur Kommunikation nicht nur auf, sondern zeigte sich bereit für einen regelmäßigen Meinungsaustausch, verbunden mit dem Vorschlag: „Ich möchte Ihnen Themenfelder hinlegen.“ Insgesamt war die Stimmung optimistisch, dass sich – gerade aufgrund der zentralen Lage bedeutender Teile der Universität – der Austausch zügig und auf vielfältige Weise intensivieren lasse.

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