Neu an der Universität: Prof. Stefanie Barz

Zwischen Quantenphysik und Ingenieurwissenschaften

Cloudcomputing ohne Sicherheitsrisiken? Möglich werden könnte diese Vision durch die Zusammenführung von Quantencomputern und quantentechnologischen Verfahren zur Datenverschlüsselung. Sie sind eines der Forschungsgebiete von Prof. Stefanie Barz, die seit 1. April am Institut für Funktionelle Materie und Quantentechnologien die Arbeitsgruppe „Integrierte Quantenoptik“ leitet.

Fragt man Stefanie Barz, warum sie nach Stuttgart gekommen ist, kommt die Antwort spontan: „Weil ich hier eine eigene Arbeitsgruppe aufbauen möchte“, sagt die gebürtige Rheinland-Pfälzerin, die in Wien promoviert und zuletzt in Oxford geforscht hat. Diese Arbeitsgruppe erzeugt, vereinfacht gesagt, einzelne Lichtteilchen (Photonen), „spielt“ mit ihnen und vermisst sie mit dem Ziel, Anwendungen aus dem Bereich der Quanteninformationen zu demonstrieren. Solche Anwendungen sind zum Beispiel kleine Quantencomputer, Quantensimulatoren und Quantennetzwerke. „Wir wollen zeigen, dass man mit Quantenphysik einige Sachen besser machen kann als mit konventionellen Rechnern“, sagt Barz. Mit besser meint sie vor allem: schneller und sicherer.

Auf dem Weg dahin möchte die Wissenschaftlerin zwei bedeutende Anwendungsbereiche der Quantenphysik zusammenführen: Da ist zum einen das Konzept des Quantencomputers, der Informationen nicht in Bits abbildet, sondern in Quantenbits, die neben den Werten 0 und 1 auch überlagernde Zustände annehmen können. Von diesem erhofft man sich, dass er zum Beispiel die Suche in extrem großen Datenbanken und die Zerlegung großer Zahlen eines Tages viel effizienter lösen kann als ein klassischer Computer. Und da ist zum anderen die Quantenkryptographie, mit der sich Daten absolut sicher verschlüsseln lassen. „Wir suchen nach Wegen, wie man Daten nicht nur schnell verarbeiten oder sicher von A nach B schicken, sondern sicher und schneller verarbeiten kann“, erklärt Barz. Das klingt sehr praktisch, ist aber absolute Grundlagenforschung. „Wir entwickeln neue Konzepte und demonstrieren sie in unserem Labor.“

Erste sichere Rechnung ausgelagert

Dass es geht, wies Barz mit ihren Wiener Kollegen und anderen internationalen Partnern in Experimenten nach, die schon während ihrer Promotion in Science und Nature Physics publiziert wurden und für viel Furore sorgten. Dabei konnte zum ersten Mal demonstriert werden, wie ein Nutzer eine absolut sichere Rechnung an einen Quantencomputer auslagert. Sicher heißt in dem Fall: ohne dass Unbefugte aus den ausgelagerten Daten Informationen über die Art der Datenabfrage oder die durchgeführten Rechenoperationen rekonstruieren könnten.  Möglich ist dies, weil der Computer rechnet, aber nicht weiß, was.

Im nächsten Schritt gilt es, die Experimente auf ein ganzes Netzwerk an Nutzern und Quantenrechnern zu erweitern. Wie in einer klassischen Cloud können die Elemente in einer solchen Quantencloud miteinander kommunizieren und Anwendungen gemeinsam rechnen – ohne Informationen übereinander preiszugeben.

Ein weiterer Arbeitsbereich der Gruppe sind Quantensimulationen, die helfen sollen, die Eigenschaften komplexer Systeme besser zu verstehen. Hierzu bauen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus einzelnen Quantenteilchen ein Minimodell und führen daran Messungen durch. Ziel ist es, das Minimodell so gut zu verstehen, dass man die Erkenntnisse auf ein komplexes System übertragen und dieses bauen kann.

 

Prof. Stefanie Barz: „Wir wollen eine Brücke bauen zwischen Quantenphysik und Ingenieurwissenschaften und verstehen uns gleichzeitig als Übersetzer zwischen der theoretischen Informatik und praktischen Ingenieurinnen und Ingenieuren.“

Extrem interdisziplinär

Um den Sprung aus der Quantenphysik in die Anwendungen zu schaffen, ist extreme Interdisziplinarität und Internationalität gefragt. Schon bisher arbeitete Barz eng mit Kolleginnen und Kollegen aus der Informatik und Mathematik auf der ganzen Welt zusammen. Jetzt in Stuttgart sollen die Ingenieure hinzukommen, weshalb die Gruppe nicht nur in den Institutsräumen im Fachbereich Physik angesiedelt ist, sondern auch bei den Elektrotechnikern über Räume verfügt.

„Die Zusammenarbeit mit Ingenieuren bringt ganz neue Sichtweisen“, erklärt Barz. Ein Beispiel dafür sind die großen Experimentiertische mit einer Vielzahl von optischen Elementen, ein Basiswerkzeug quantenoptischer Experimente. Dort werden Laserlicht und einzelne Photonen über Spiegel, Linsen, Kristalle und durch verschiedene Instrumente geleitet. Für die Forschung wäre es wichtig, diese Versuchseinrichtungen zu miniaturisieren und die Elemente auf einen Chip zu packen. Doch wie führt man den Laserstrahl, wie designed man den Chip? „Da tut es gut, auf das Wissen von Ingenieuren zurückgreifen zu können.“

Brücken bauen

Die Herausforderung dabei: Die verschiedenen Disziplinen sprechen nicht die gleiche Sprache. Das fängt schon mit dem Begriff „Quantentechnologien“ an: „Physiker verstehen darunter etwas Neues, das in eine Anwendung münden könnte, Ingenieure wollen damit etwas Nützliches produzieren“, sagt Barz mit einem Augenzwinkern. Auch in Diskussionen um künftige Forschungsthemen spiegeln sich die unterschiedlichen Kulturen: „Für uns Physiker sind vor allem super-neue Anwendungen von Quanteneffekten, aber auch die reinen Grundlagen der Quantenphysik interessant. Bei Ingenieuren ist wichtig, dass man daraus einen neuen Chip oder ein Device entwickeln kann.“

Doch die unterschiedliche Sprache und Denkweise berge auch Chancen, meint die Physikerin: „Das führt zu neuen Fragen.“ Und zu einem gegenseitigen Lernen. „Wir wollen eine Brücke bauen zwischen Quantenphysik und Ingenieurwissenschaften und verstehen uns gleichzeitig als Übersetzer zwischen der theoretischen Informatik und praktischen Ingenieurinnen und Ingenieuren.“

Weitere Informationen auf der Institutswebsite – eine der ersten im neuen Corporate Design. https://www.fmq.uni-stuttgart.de/en/

 

Dieses Bild zeigt Stefanie Barz

Stefanie Barz

Prof. Dr.

Professor of Integrated Quantum Optics

[Foto: Universität Stuttgart/Uli Regenscheit]

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