Probenkopf zur Manipulation und Messung von Spins mittels des im Bildhintergrund sichtbaren integrierten Schaltkreises.

Universitäten Stuttgart und Ulm mit Zukunftscluster QSens erfolgreich

4. Februar 2021, Nr. 6

Gemeinschaftsprojekt von Wissenschaft und Industriepartnern soll innovative Quantensensoren zur Marktreife führen.
[Bild: Universität Stuttgart/Max Kovalenko]

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek hat am 3. Februar die Sieger des "Clusters4Future"-Wettbewerbs des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) bekanntgegeben. Unter den Gewinnern ist das Zukunftscluster „Quantensensoren der Zukunft“ (QSens), in dem sich die Universitäten Stuttgart und Ulm, das Institut für Mikroelektronik Stuttgart (IMS CHIPS) sowie verschiedene Industriepartner zusammengetan haben. Es erforscht innovative Quantensensoren, die eine bisher unerreichte Empfindlichkeit und räumliche Auflösung realisieren können. Anwendungen reichen von der personalisierten Medizin über das automatisierte Fahren bis zur Informationstechnologie. Die wissenschaftliche Leitung von QSens liegt seitens der Universität Stuttgart bei Prof. Jens Anders (Institut für Intelligente Sensorik und Theoretische Elektrotechnik, Clustersprecher) und Prof. Jörg Wrachtrup (3. Physikalisches Institut). Ansprechpersonen auf Seiten der Universität Ulm sind  Auf Ulmer Seite sind Prof. Fedor Jelezko und Prof.Joachim Ankerhold. 

Ziel des Clusters ist der Aufbau eines regionalen Innovationsökosystems, das die hohe Einstiegshürde für die zunehmende Nutzung der Quantentechnologien deutlich reduziert. In den kommenden zehn Jahren fördert das BMBF Zukunftscluster mit bis zu 450 Millionen Euro – aus der Wirtschaft kommen Zuwendungen in ähnlicher Höhe. Die BMBF-Förderung für QSend beläuft sich auf bis zu 15 Millionen Euro auf drei Jahre.

Der Rektor der Universität Stuttgart, Prof. Wolfram Ressel, sagte nach der Verkündung durch Bundesforschungsministerin Anja Karliczek: Ich gratuliere allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern im Zukunftscluster „Qsens“ der Universitäten Stuttgart und Ulm, dass sie gemeinsam mit Forschungspartnern aus der Industrie zu den Gewinnern des BMBF-Wettbewerbs gehören. Diese prominente Förderung trägt zu einer konsequenten Weiterentwicklung des Potenzialbereichs Quantentechnologie der Universität Stuttgart und der Forschungsexpertisen an der Universität Ulm bei. Sie wird unsere Forschungsleistungen auf diesem Zukunftsgebiet noch sichtbarer machen.“ 

„Die langjährige, strategische Kooperation der Universitäten Stuttgart und Ulm in der Quantentechnologie ist die Basis des neuen Zukunftsclusters. „QSens“ erlaubt es uns, gemeinsam mit den Industriepartnern, schneller und fokussierter Ergebnisse aus der Grundlagenforschung in vielversprechende, wertschöpfende Anwendungen zu überführen“, sagt der Ulmer Universitätspräsident Prof. Michael Weber zur erfolgreichen Einwerbung des Zukunftsclusters.

Aus den Reihen der Industriepartner kommentiert Michael Förtsch, CEO des Quantentechnologie-Start-Ups Q.ANT: „Quantentechnologie ist eine große Chance für den Industriestandort Deutschland und die Region Stuttgart. Das Zukunftscluster Quantensensorik hilft uns dabei, industriefähige Lösungen für die Medizinbranche, die Automobilindustrie und die Datensicherheit zu entwickeln. Damit stärken wir die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft und schaffen langfristig Beschäftigung in der Region.“ Q.ANT ist ein Tochterunternehmen von TRUMPF, das den weltweit ersten für die Serienfertigung nutzbaren quantenoptischen Sensor entwickelt hat.

Clustersprecher Prof. Dr. Jens Anders (links) bei Messungen im Labor.

Hoher Marktbedarf

Die Quantentechnologie ist ein junges Forschungsgebiet mit immensem Durchbruchpotential, das physikalische Grundlagen der Quantenphysik mit praktischen Aspekten der Ingenieurwissenschaften verbindet. Dabei werden Quanteneffekte wie etwa die Verschränkung zweier Photonen oder die Energiezustände eines Atoms für Anwendungen aus den Bereichen Quantenkommunikation, Quantensensorik, Quantensimulation und Quantencomputing genutzt. Gerade der Bereich der Quantensensorik verspricht dabei, in absehbarer Zeit erste industrierelevante Anwendungen hervorzubringen und den wachsenden Bedarf an höchstpräziser Sensorik sowohl in der Industrie, als auch im Consumer-Bereich zu decken. Vor diesem Hintergrund hat sich die Clusterinitiative „QSens“ das Ziel gesetzt, die bahnbrechenden Ergebnisse im Bereich der quantentechnologischen Grundlagenforschung, die in den vergangenen Jahren in Stuttgart und Ulm erreicht wurden, in Produkte von morgen und übermorgen zu überführen. 

Die im Rahmen von „QSens“ entwickelten Technologien sollen zum einen dem Wirtschaftsstandort Deutschland einen Technologievorsprung verschaffen. Zum anderen sollen sie – ganz im Sinne der Vision „Intelligente Systeme für eine zukunftsfähige Gesellschaft“ der Universität Stuttgart – einen entscheidenden Beitrag leisten, um einige der dringendsten Probleme der heutigen Zeit zu lösen. Aus diesem Grund adressieren die QSens-Quantensensoren disruptive Veränderungen in den vier gesellschaftlich hochrelevanten Themengebieten „Internet der Dinge“, „Gesundheit“ und „Nachhaltigkeit“. 

So hat der Einsatz von Quantensensoren zum Beispiel in der klinischen Diagnostik beziehungsweise der medizinischen und biologischen Forschung das Potenzial, die heute existierenden Grenzen in der Sensorik, Analytik und Bildgebung zu überwinden und damit neue Geschäftsfelder in der Bio- und Medizintechnik zu erschließen. In autonomen Fahrzeugen könnten Quantensensoren die klassischen Sensoren verbessern, um die Sicherheit der Fahrzeuge zu erhöhen und einige Funktionen überhaupt erst zu ermöglichen. Und auch bei der batteriebasierten Speicherung von Energien werden Quantensensoren eine entscheidende Rolle spielen, da sie detaillierte Einblicke in die Funktion, den Ladungszustand sowie den Alterungsprozess von Batteriesystemen erlauben.

Gesamte Lieferkette im Blick

Anders als die meisten Verbundprojekte umfasst QSens ein „Innovationsökosystem“, das die gesamte Lieferkette für die beforschten Sensoren abdeckt. Über das gemeinsame, interdisziplinäre Zentrum für Integrierte Quantenwissenschaften und Technologie (IQST) arbeiten die Universitäten Ulm und Stuttgart seit vielen Jahren mit den industriellen QSens-Partnern Bosch, Zeiss, Trumpf und Bruker zusammen. Das Industrie-Konsortium wird durch Biotechnologie- und Pharmaunternehmen wie Boehringer Ingelheim und Rentschler ergänzt.

Weitere Kooperationen bestehen mit dem Landesforschungsinstitut IMS Chips und dem künftigen Quantentechnologie-Standort des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Ulm (DLR-QT). Mit Forschungsbauten wie dem Ulmer Zentrum für Quanten- und Biowissenschaften (ZQB), dem Stuttgarter Zentrum für angewandte Quantentechnologien ZAQuant und der Infrastruktur der Unternehmen steht dem Zukunftscluster eine einmalige Forschungs- und Entwicklungsumgebung zur Verfügung.

Zum Technologietransfer tragen künftig auch Angebote wie „Quanten4 KMU“ bei. Über diese Plattform geben die QSens-Akteure ihr Wissen an kleinere Unternehmen weiter und öffnen sogar ihre Labore. So sollen die Einstiegshürden für die Nutzung der Quantentechnologie reduziert werden. Dazu kommt ein so genannter Quanteninkubator: Im „Gründerspace“ können Forschende und Studierende Ideen für Start-ups ausarbeiten und sich von den QSens-Mitgliedern beraten lassen.

 

Wettbewerb „Clusters4Future“

Mit dem themenoffenen Wettbewerb „Clusters4Future“ will das BMBF – im Rahmen der Hightech-Strategie 2025 – eine Stärkung des Wissens- und Technologietransfers erreichen. Der Stuttgart/Ulmer Zukunftscluster wurde dabei von einer hochrangig besetzten, sechzehnköpfigen Expertenjury aus den 16 verbleibenden Finalisten zur Förderung vorgeschlagen und vom BMBF als einer der sieben Gewinner ausgewählt. Insgesamt stieß die themenoffene Zukunftsclusterausschreibung mit 137 Skizzeneinreichung, aus denen die 16 Finalisten im vergangenen Frühjahr ausgewählt wurden, auf eine immense Resonanz im gesamten Bundesgebiet.

Fachlicher Kontakt:

Prof. Dr. Jens Anders, Universität Stuttgart (Clustersprecher), Institut für Intelligente Sensorik und Theoretische Elektrotechnik, Tel. +49 711 685 67250, E-Mail

Prof. Jörg Wrachtrup, Universität Stuttgart, 3. Physikalisches Institut, Tel. +49 711 685-65278, E-Mail 

Prof. Dr. Joachim Ankerhold, Universität Ulm, Tel. +49 731 50-22831, E-Mail 

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