Wenige Sekunden nach dem Start war klar, dass es ein großartiger Flug wird: LUMINA, die erste selbst entwickelte Flüssigrakete der studentischen Hochschulgruppe Hybrid Engine Development (HyEnD), erreicht bei der European Rocketry Challenge (EuRoC) in Portugal eine Flughöhe von 2.903 Metern. Damit sichern sich die Studierenden der Universität Stuttgart den ersten Platz in der Kategorie „Liquid Rocket 3000m“ und den zweiten Platz in der Gesamtwertung unter 25 teilnehmenden Hochschulteams.
Rakete beweist Bestleistung
Es blieb spannend bis zum Schluss: Im dritten Startversuch am letzten Tag des Wettbewerbs gelang der erfolgreiche Flug. „Nach Monaten intensiver Vorbereitung und Tests war der Moment des Abhebens für uns ein emotionaler Höhepunkt“, berichtet Laurence Hoffelder, Teamleiter von HyEnD. Nach erfolgreicher Triebwerkszündung und stabiler Flugphase öffneten sich der Brems- und Hauptschirm nach Plan und LUMINA landete sanft im vorgesehenen Bergungsgebiet. „Ein perfekter Flug“, freut sich Hoffelder.
„Solche Erfolge sind der beste Beweis dafür, wie wichtig es ist, junge Menschen früh für Forschung und Technik zu begeistern“, sagt Professor Manfred Bischoff, Prorektor für Forschung und nachhaltige Entwicklung der Universität Stuttgart. „Die Top-Platzierung von HyEnD zeigt eindrucksvoll, wie erfolgreich die Nachwuchsförderung an der Universität Stuttgart ist.“
Technologiedemonstrator für BLAST-Projekt
Bislang entwickelte HyEnD Hybridraketen, wie die N2ORTH, die als Antrieb festen Brennstoff und flüssiges Lachgas nutzt. Mit LUMINA demonstriert das Team nun die erste selbst entwickelte Flüssigrakete, die anstelle eines festen Brennstoffs auf Ethanol setzt. Im Rahmen des Projekts BLAST (Biliquid Launch and Space Technology) verfolgen die Studierenden das Ziel, neuartige Flüssigtriebwerke sowie ein kompaktes und leichtes Raketendesign zu entwickeln.
Die Herausforderung dabei ist es, Gewicht einzusparen. Das gelingt durch modernste Fertigungs- und Leichtbautechnologien sowie durch den Einsatz alternativer Materialien. Für LUMINA entwickelten die Studierenden einen kohlefaserverstärkten Kompositdrucktank. Damit zählt die Rakete zu den leichtesten Flüssigraketen in der Geschichte des Wettbewerbs.
Zusammenarbeit mit Teams aus Baden-Württemberg
HyEnD vereint Studierende verschiedenster Fachrichtungen, die praxisnahe Erfahrungen in der Triebwerksentwicklung, Faserverbund- sowie additiven Fertigung, in Elektronik und Messtechnik sammeln. Außerdem erwerben sie wertvolle Skills wie Projektmanagement und Öffentlichkeitsarbeit. Und vor allem eines zählt: der Teamgedanke. Auf LUMINA wurden Nutzlasten anderer Hochschulgruppen und von Schüler*innen integriert. Die studentische Kleinsatellitengruppe KSat e.V., das Team RocKIT des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und das Schülerlabor Aerospace Lab Herrenberg testeten auf LUMINA eigene Experimente.
HyEnD treibt Entwicklungen voran
In den kommenden Jahren soll die Technologie weiter skaliert werden – mit dem ambitionierten Ziel, bis 2027 eine studentische Flüssigrakete zu starten, die über 50 Kilometer Höhe erreicht. „Der Erfolg von LUMINA zeigt, welches Potenzial studentische Ingenieurteams entfalten können, wenn sie die nötige Verantwortung und Unterstützung bekommen“, sagt Hoffelder.
Über HyEnD
In HyEnD engagieren sich derzeit 50 Studierende aus unterschiedlichen Studiengängen. Die Hochschulgruppe wird unterstützt von universitären Einrichtungen sowie Partnern aus der Industrie. Die Forschungsarbeiten werden durch das Institut für Raumfahrtsysteme (IRS) der Universität Stuttgart betreut. Die Materialprüfungsanstalt (MPA) der Universität Stuttgart stellt Werkstätten und Arbeitsräume zur Verfügung und teilt ihre Expertise im Bereich Additive Manufacturing. Finanziell unterstützt wird die Gruppe und insbesondere das Projekt BLAST durch die Zukunftsoffensive Luft- und Raumfahrtnachwuchs Baden-Württemberg. Das Programm fördert studentische Forschungsgruppen, um junge Menschen in Baden-Württemberg für die Raumfahrt zu begeistern und den Nachwuchs in diesem Bereich gezielt zu stärken.
Fachlicher Kontakt:
Ben Oker, Hybrid Engine Development HyEnD e.V., E-Mail
Jacqueline Gehrke
Onlineredakteurin