Molekulardynamische Simulation eines kovalenten, organischen Netzwerks (COF)

Katalyse-Sonderforschungsbereich geht in die zweite Runde

26. Mai 2022, Nr. 26

Forschende wollen katalytische Reaktionen gezielter steuern und setzen auf mesoporöse Materialien
[Bild: SFB 1333]

Der Sonderforschungsbereich „Molekulare heterogene Katalyse in definierten dirigierenden Geometrien“ (SFB 1333) an der Universität Stuttgart erhält eine zweite Förderperiode und damit Fördermittel in Höhe von knapp 12 Millionen Euro. Dies entschied der Senat der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in seiner Sitzung am 24. und 25. Mai 2022. Der SFB vernetzt 19 Forschungsgruppen der Universität Stuttgart mit Partner*innen am Max Planck Institut für Festkörperforschung in Stuttgart sowie an den Universitäten Paderborn, Marburg und Bochum. Sprecher des SFBs ist Prof. Michael Buchmeiser vom Institut für Polymerchemie der Universität Stuttgart.

Katalytische Reaktionen machen rund 80 Prozent aller Synthesen in der chemischen und pharmazeutischen Industrie aus. Da sie relativ ressourcen- und energieschonend ablaufen, sind sie nachhaltig und erlauben schon heute eine jährliche Kostenreduktion in Milliardenhöhe. Gleichwohl zeigen viele chemisch-katalytische Prozesse im Vergleich zu biologischen Systemen (Enzymen) immer noch eine deutlich geringere Spezifität für bestimmte Startmoleküle und eine geringere Selektivität für das gewünschte Produkt. Vor diesem Hintergrund möchten die Forschenden des SFB 1333 herausfinden, wie so genannte mesoporöse Materialien, also Materialien mit einem Porendurchmesser zwischen 2 und 50 Nanometern, nach dem Vorbild der Natur durch eine strukturell definierte Porengeometrie bzw. Porenfunktionalität synergetisch eine dirigierende Wirkung auf darin befindliche katalytische Zentren ausüben können. Dazu werden molekulare Organo- bzw. Organometallkatalysatoren selektiv innerhalb der Poren verankert und der Einfluss auf die Reaktionsprozesse untersucht. Das Ziel sind hybride Katalysatorsysteme, die effizientere chemisch-katalytische Produktions-prozesse ermöglichen oder sogar ganz neue Reaktionswege eröffnen.

Molekulardynamische Simulation eines kovalenten, organischen Netzwerks (COF). COFs sind eine von vier Materialklassen, die in der zweiten Förderperiode weiterentwickelt werden, um Poreneffekte in der Katalyse zu untersuchen.

„Bereits in der ersten Förderperiode konnten wir zeigen, dass die Nutzung des Effekts dirigierender Hohlräume zur Steigerung der Selektivität und Spezifität nach dem Vorbild von Enzymen auch in der chemischen Katalyse möglich ist“, erklärt der Sprecher des SFB 1333, Prof. Michael Buchmeiser vom Institut für Polymerchemie der Universität Stuttgart. Dazu entwickelten die Forschenden zunächst Materialien, die definierte Oberflächenfunktionalisierungen besitzen und eine bisher unerreichte Präzision der Porengröße von Bruchteilen eines Nanometers erreichen. Durch gezielte Variation der Porengröße konnten dann erhöhte Selektivitäten in der Olefinmetathese, einer bestimmten Reaktion in der organischen Chemie, und in bestimmten Additionsreaktionen gezeigt werden. „Damit liegen nun die grundlegenden Werkzeuge vor, um ‚Katalyse in dirigierenden Hohlräumen‘ in einem breiten Reaktionsspektrum im Detail zu untersuchen“, unterstreicht Buchmeiser die ersten Forschungserfolge.

Simulation eines molekularen Katalysators, verankert in der Pore eines COF. Strategien zur selektiven Verankerung von Katalysatormolekülen nur im Inneren einer Pore und nicht auf der Oberfläche eines Materials wurden erfolgreich in der ersten Förderperiode entwickelt.

Ziel der zweiten Förderperiode ist es, die Effekte der dirigierenden geometrischen Hohlräume zu quantifizieren und gezielt zur Optimierung ausgewählter katalytischer Reaktionen auszunutzen. Dabei werden beispielsweise die Substratmoleküle durch den definierten Hohlraum gezielt ausgerichtet und bereits vor der eigentlichen Reaktion an den Katalysator assoziiert. Zusätzlich wird in der zweiten Förderperiode besonderes Augenmerk auf die veränderte Struktur des Lösungsmittels in der Pore gelegt und die bisher statischen Trägermaterialien werden nun als bewegliche bzw. elektro- oder photo-aktive Teile im katalytischen Prozess ausgenutzt.

Um die Vorgänge in der Pore zu verstehen, steht ein genau abgestimmtes Arsenal an experimentell-analytischen und theoretischen Methoden zur Verfügung, das eine spektrale, räumliche und zeitliche Charakterisierung über alle relevanten Größenskalen hinweg erlaubt. Dieses wird in der zweiten Förderperiode um weitere experimentelle Analytikmethoden erweitert. Bei der Simulation der mesoporösen Materialien sollen Theoretiker*innen und Materialwissenschafter*innen noch enger zusammenarbeiten. Ein Schwerpunkt im Bereich Katalyse ist die thermische und elektrochemische Reduktion von Kohlenstoffdioxid, die für eine nachhaltige Transformation der Wirtschaft von großer Bedeutung sein wird.

Neues NMR-Spektroskop

Ergänzt wird das Forschungsprogramm durch ein umfassendes Konzept zum Datenmanagement und ein Graduiertenkolleg zur strategischen Förderung des Nachwuchses. Die Universität Stuttgart unterstützt den SFB 1333 während der zweiten Förderperiode beim Erwerb eines Festkörper-Kernspinresonanz-Spektroskops (NMR) und eines speziellen Absorptionsspektrometers. Zusätzlich profitieren die Forschenden von der engen Vernetzung mit dem Stuttgarter Exzellenzcluster „Data-integrated Simulation Science“ (SimTech) sowie dem SFB 1313, der sich mit Transportprozessen in porösen Medien beschäftigt.

Fachlicher Kontakt:

Prof. Dr. Michael R. Buchmeiser, Universität Stuttgart, Institut für Polymerchemie, Lehrstuhl für Makromolekulare Stoffe und Faserchemie, Tel.: +49 711 685 64075-, E-Mail 

Medienkontakt

 

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