Ein Bild während des Konzertes auf dem das Orchester zu sehen ist.

Ein Konzert der verschlüsselten Botschaften

23. Februar 2023

Das Akademische Orchester der Universität Stuttgart unter der Leitung von Mihály Zeke brachte am 16. Februar die Sinfonie Nr. 5 von Dimitri Schostakowitsch und das Konzert für Violoncello und Orchester in h-Moll von Antonin Dvořák zur Aufführung.
[Bild: Hanno Wagner]

Das triumphale Ende der 5. Sinfonie in d-Moll von Dmitri Schostakowitsch klang noch im gut besuchten Beethovensaal der Liederhalle in Stuttgart nach, als der Applaus losbracht. Es gab Applaus von allen Seiten – vom Orchester für den Dirigenten vom Dirigenten für das Orchester und natürlich vom Publikum für beide. Der Abend hatte alle bewegt, verführt, aufgerüttelt, zum Nachdenken gebracht und träumen lassen.

Wehmut um die Geliebte

Das Konzert für Violoncello und Orchester in h-Moll von Antonin Dvořák, eines seiner bekanntesten Werke und eines der wichtigsten Stücke des Violoncello-Repertoires, entstand während eines Aufenthalts in den USA. Vor dem Hintergrund des 400. Jahrestags der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus sollte Dvořák, dem damals die Leitung des Nationalen Konservatoriums in New York inne lag, als europäischer Experte dem Kontinent „eine Neue Welt der Musik hinzufügen“. Dass er das Violoncello als Soloinstrument in diesem Konzert agieren lässt, ist durchaus verwunderlich, soll er dies doch nicht gemocht haben – „ein Stück Holz, das oben kreischt und unten brummt.“

Kreischen? Brummen? Die junge Cellistin Nicola Pfeffer, die auf einem Cello von Francesco Ruggieri aus dem Jahr 1680 spielte, verstand es, zusammen mit dem Akademischen Orchester, die Zuhörenden in der Musik schwelgen zu lassen. Dies gelang in mitreißenden, kraftvollen Momenten ebenso wie in den überaus zarten, melancholischen. Im langsamen zweiten Satz, der Dvořáks verschlüsselte Botschaft enthält – die Trauer um seine Schwägerin und einstige Jugendliebe Josefina Kounicová – wurde die Wehmut greifbar. Für Gänsehautfeeling pur sorgten im Kontrast Hörner, Klarinetten und Fagotte bei ihrem Einsatz.

Eindrucksvoll: der erste Abschnitt des letzten Satzes der Sinfonie Nr. 5 von Dimitri Schostakowitsch.

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© Unimusik

Jubel oder Verzweiflung?

Steht das Meisterwerk der neueren Musikgeschichte für das Sehnen eines Volkes nach Freiheit? Die Frage, die mit der Sinfonie Nr. 5 von Dimitri Schostakowitsch verbunden ist, wurde auch an diesem Konzertabend nicht geklärt. Ist das, was bei der Uraufführung als patriotischer Jubel deklariert wurde und zur Rehabilitation von Schostakowitsch beitrug, in Wahrheit eigentlich ein Verzweiflungsschrei, eine Satire der erzwungenen Freude? Das Stück blieb rätselhaft, die Begeisterung der Zuhörenden war jedoch eindeutig. Sie galt an diesem Abend den Musikerinnen und Musikern des Akademischen Orchesters, die mit unverhohlener Freude die Dissonanzen, die überraschenden Formläufe der Komposition, das Spiel jenseits der traditionellen Harmonik, bravourös gemeistert hatten, und Mihály Zeke, der am Dirigentenpult mit vollem Körpereinsatz agiert hatte.

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